ImageproblemVerkäufer-Lehrlinge werden oft ausgelacht
Wer eine Lehre im Detailhandel macht, erfährt laut einer Studie oft negative Reaktionen in seinem Umfeld. Der Beruf wird laut Fachleuten unterschätzt.

Laut einer Studie kämpfen Verkäufer-Lehrlinge mit Imageproblemen.
James HardyDer Detailhandel hat in der Schweiz eine grosse Bedeutung: Mit rund 350'000 Beschäftigten ist er die zweitgrösste Branche des Landes. Auch in der Ausbildung spielt er eine zentrale Rolle. Laut der Interessengemeinschaft Detailhandel absolviert jeder achte Lernende eine Berufslehre im Detailhandel.
Die Betroffenen haben jedoch mit massiven Imageproblemen zu kämpfen, wie eine Studie des Eidgenössischen Hochschulinstituts für Berufsbildung (EHB IFFP IUFFP) zeigt. Vier Berufsfachschulklassen aus drei Kantonen wurden über mehrere Wochen begleitet. Viele der befragten Schüler gaben an, dass ihr Beruf von Aussenstehenden – Kunden, Kollegen und Familienangehörigen – nur eine geringe Wertschätzung bekomme. Lehrling Céline sagt etwa: «Meine Kolleginnen aus der Sekundarschule haben gelacht, als sie von meiner Lehrstelle in einem Supermarkt erfahren haben.» Andere Teilnehmer klagten über beleidigende Sprüche: etwa, dass man fürs Regalauffüllen keine Ausbildung brauche, oder dass jeder den Beruf ausüben könnte.
«Detailhandel wird zum Sprungbrett»
Studienleiterin Kerstin Dümmler erklärt: «Der Detailhandel scheint tatsächlich ein Imageproblem zu haben.» Dies sei unter anderem damit zu erklären, dass Lernende in anderen Berufen bessere Arbeitsbedingungen, einen höhere Lohn hätten. «Dazu kommt die teilweise repetitive Arbeit.»
Laut Urs Casty, Gründer und Geschäftsführer der Berufswahl-Website Yousty.ch, wird die Detailhandelslehre jedoch unterschätzt. Oft nehme der Handel Jugendliche auf, die in der Schule nicht brilliert hätten. «Die Karrierechancen sind nachher verhältnismässig gut – aber das realisieren längst nicht alle.» Viele Teenager starteten mit überhöhten Erwartungen in das Berufsleben – «am liebsten wäre ihnen eine Karriere als Superstar». Würden sie mit der Realität konfrontiert, nähmen sie deshalb teilweise nur die negativen Seiten eines Berufs wahr. «So wird der Detailhandelsangestellte fälschlicherweise zum Regalauffüller degradiert
Städtisches Problem
Casty geht davon aus, dass es sich eher um ein städtisches Problem handelt. «Das Image ist auch stark vom Arbeitgeber abhängig: Landi- und Volg-Verkäufer dürften weniger damit konfrontiert sein.»
Dümmler ergänzt, seit der Jahrtausendwende habe sich im Detailhandel schon einiges getan. «Zum Beispiel dauert die Ausbildung seit 2003 derzeit drei statt nur zwei Jahre.» Solche Verbesserungen seien allerdings bei vielen Leuten noch nicht angekommen. «Das Ansehen des Berufes hinkt seinem tatsächlichen Wert etwas hinterher.»
Mehr Verantwortung
Verschiedene Detailhändler versuchen dem Imageproblem entgegenzuwirken, indem sie den Lernenden mehr Verantwortung geben. Denner etwa organisiert zweimal im Jahr sogenannte Lehrlingsfilialen. In diesen Läden übernehmen Verkaufslernende einen Monat lang die Verantwortung für den ganzen Laden. Coop betont, dass Lernende schon früh in die Bestellvorgänge integriert werden und sie sich in verschiedensten Bereichen einbringen müssen. Was die Kundschaft in den Verkaufsstellen sehe, sei nur ein Teil der Aufgaben der Lernenden.
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