Freitod für BetagteExit will Sterbehilfe für Gesunde ermöglichen
Kein soziales Netz oder Pflegeabhängigkeit – aktuell wird diskutiert, ob dies in Zukunft ausreicht, um Sterbehilfe zu erhalten. Gegner befürchten, Ältere gerieten so unter Druck.

Wird in Zukunft auch gesunden Menschen beim Suizid geholfen?
Auch gesunde betagte Menschen sollen Sterbehilfe erhalten können. Dafür will sich die Sterbehilfe-Organisation Exit in Zukunft einsetzen, wie die «Südostschweiz» berichtet. Die tödliche Substanz Barbiturat sollen die Menschen auf eigenen Wunsch auch gleich vom Arzt beziehen können.
3'000 der 70'000 Exit-Mitglieder haben bereits an einer Befragung zum Thema Altersfreitod teilgenommen. Ob sich die Mitglieder für oder gegen die Statutenänderung aussprechen werden, steht aber noch offen. Würden die Exit-Statuten definitiv angepasst, würde sich die Sterbehilfe-Praxis zwar nicht sofort ändern, dafür aber die aktuelle Diskussion weiter antreiben.
Strafbar nur bei Selbstsucht
Rechtlich gibt es gegen den Altersfreitod nichts einzuwenden. Strafbar ist Beihilfe zum Suizid nur, wenn selbstsüchtige Beweggründe vorliegen. Den Ärzten seien aber durch Standesregeln trotzdem die Hände gebunden, wenn «das Lebensende nicht eindeutig nah ist», wie die Schweizerische Akademie der Medizinischen Wissenschaften (SAMW) in ihren Richtlinien definiert.
Aktuell befragt die SAMW 5'000 zufällig ausgewählte Ärzte über ihre Haltung zur Suizidhilfe. Die Meinungen sind aber eindeutig geteilt. Deshalb ist es durchaus möglich, dass die ärztlichen Suizidhilfe-Richtlinien angepasst werden könnten.
Sterbewunsch oft nur Hilferuf
Es müsse diskutiert werden, ob die Beweggründe wie «der Verlust des sozialen Netzes» oder «die drohende Pflegeabhängigkeit», als legitim für den Sterbehilfe-Anspruch gelten sollen, sagt Exit-Vizepräsident Bernhard Sutter gegenüber der «Südostschweiz».
Otfried Höffe, Präsident der Nationalen Ethikkommission, steht der neuen Entwicklung kritisch entgegen: «Oft wollen die vermeintlich suizidwilligen Personen einen Hilferuf in die Welt setzen.» Dies zähle laut Exit-Vizepräsident Sutter aber zu «Suizid im Affekt». «Wir helfen nur Menschen, deren Sterbewunsch wohlüberlegt ist», stellt Sutter klar.
Suizid als «einfache Lösung»
Befürchtet wird von Kritikern, dass durch die «Liberalisierung der Sterbehilfe» der Druck auf ältere Personen weiter zunehme. Die Gefahr wäre gross, dass diese den Suizid als «einfache Lösung» für die finanzielle Entlastung der Gesellschaft betrachten würden. Auch Theologe Frank Mathwig stellt sich klar gegen die Anpassung: «Es darf nicht sein, dass der Mensch nur noch Mensch ist, solange er nicht anderen zur Last fällt.»