Aus der SchweizGeheimdienst warnt vor Dschihadisten
Dschihadisten werben laut dem Nachrichtendienst zunehmend Mitglieder in der Schweiz an. Für Sicherheitspolitiker wäre eine Verwanzung von Moscheen denkbar. Der Dachverband der Muslime in der Schweiz wehrt sich.

Geheimdienst-Chef Markus Seiler warnt vor Dschihadisten, die in der Schweiz Mitglieder rekrutieren.
Wie viele Dschihadisten in der Schweiz aktiv sind, will der Schweizer Geheimdienst nicht kommunizieren. Die Öffentlichkeit ist nur über einen Bruchteil der tatsächlichen Vorkommnisse informiert. Infolge des arabischen Frühlings wären neue Destinationen bei dschihadistisch motivierten Reisebewegungen feststellbar, schreibt der Nachrichtendienst des Bundes (NDB) in seinem Geschäftsbericht für das Jahr 2012. «Was uns Sorge macht ist, dass es immer mehr Leute gibt, welche hierzulande Schweizer für den Dschihad anwerben», sagt Geheimdienst-Chef Markus Seiler in einem Interview mit dem «Berner Oberländer».
Es bestehe die Gefahr, dass radikalisierte Personen aus dem Kreis der in der Schweiz lebenden Diasporagemeinschaften rekrutiert würden und nach einer Ausbildung zum Dschihad im Ausland in der Schweiz aktiv werden. Erst im Juni letzten Jahres hatte das Bundesamt für Polizei (fedpol) ein befristetes Einreiseverbot gegen einen Bieler Gymnasiasten verhängt, der in Kenia wegen mutmasslicher Verbindungen zur somalischen Al-Schabaab-Miliz verhaftet wurde. Gegenwärtig kursieren Videos im Internet, auf denen ein Deutscher Dschihadist zum heiligen Krieg in Syrien aufruft, berichtet spiegel online.
Verkabelung heiliger muslimischer Räume
Die Informationen lassen Sicherheitspolitiker aufhorchen. Für Hans Fehr (SVP), Mitglied der Sicherheitspolitischen Kommission (SiK) ist klar, dass in solchen Fällen die vom Bundesrat vorgeschlagene Ausweitung der dem NDB zur Verfügung stehenden Mittel zum Zuge käme. «Eine elektronische Verwanzung von Moscheen muss möglich sein, wenn sich ein Verdachtsmoment erhärtet», so Fehr, «aber es wäre ein Spezialfall.» Damit es soweit käme, müsste ein Verdacht über die Prüfung mehrerer Instanzen hinweg bestätigt werden. Kommissionskollege Jakob Büchler (CVP) ist gleicher Meinung: «Es braucht eine gesetzliche Vorlage, damit Moscheen bei Terrorverdacht verwanzt werden dürften.» Würde das elektronische Abhorchen von Moscheen allerdings im Gesetzestext verankert, käme das neue Nachrichtendienstgesetz wohl kaum durch, sagt Büchler.
«Wir wehren uns dagegen, dass ein solcher Verdacht als Vorwand verwendet werden könnte, Moscheen, als heilige muslimische Orte, in denen gebetet wird, zu verwanzen», sagt Hisham Maizar, Präsident der Föderation Islamischer Dachorganisationen der Schweiz. Als Muslime seien sie besonders daran interessiert, dass das Image und der Ruf der Muslime in dem Land, in dem sie lebten, unbescholten bleibe. «Umwerbungen» von Schweizern für dschihadistische Zwecke dürften prinzipiell nicht stattfinden. «Wir stehen auf der Seite des freiheitlichen Rechtsstaates und wollen nicht, dass daraus ein Polizeistaat entsteht. Jegliche politische Ausnutzung des Themas halten wir für opportunistisch.»
Geheimdienst-Chef Seiler selber hält eine Verwanzung von Moscheen für unnötig: «Dschihadisten treffen sich öfter in privaten Räumlichkeiten oder in Hotelzimmern um ihre Reisen zu planen. Es wäre einfacher, dort die Mikrophone anzubringen», sagte er gegenüber «Le Temps».
Einsatz neuer Mittel
Der Bundesrat teilte letzte Woche mit, dass er die Kompetenzen des Nachrichtendienstes per Gesetz ausweiten will. Künftig soll er Terror- oder Spionageverdächtige auch im Inland präventiv überwachen können. Die bisherigen Mittel reichten nicht mehr aus, angesichts der «zunehmend aggressiveren Akteure, die die innere und die äussere Sicherheit der Schweiz bedrohen», heisst es in der Botschaft, die der Bundesrat in die Vernehmlassung schickte. Gemeint seien damit etwa Dschihadisten oder ausländische Spione, erläuterte Bundesrat Maurer vor den Medien. So soll der NDB nach dem Willen des Bundesrates die Befugnis erhalten Wanzen zu installieren, Telefone zu überwachen, Post zu öffnen und Handys zu orten.