Schlechte AugenSmartphones machen Junge zu Brillenschlangen
Noch nie haben so viele junge Menschen eine Brille gebraucht. Schuld an ihrer Kurzsichtigkeit sind die digitalen Geräte.

Der Handy-Konsum geht an den Augen nicht spurlos vorbei. Viele junge Menschen sind kurzsichtig.
Moderne Menschen starren fast ununterbrochen auf einen Bildschirm. Kaum aufgewacht, blinzeln sie in ihr Smartphone, um Mails zu checken. Im Zug auf dem Weg zur Arbeit lesen sie auf dem Handy oder Tablet die News, bevor sie im Büro acht Stunden am Computer sitzen. Am Abend krönen sie den Digital-Marathon entspannt vor dem Fernseher oder Computer bei einem Spielfilm.
Der digitale Konsum geht an den Augen nicht spurlos vorbei, wie spiegel.de berichtet. Das European Eye Epidemiology Consortium kommt in einer kürzlich veröffentlichten Analyse zum Schluss, dass zurzeit rund 47 Prozent der 25- bis 29-Jährigen kurzsichtig sind – viel mehr als in früheren Generationen. In der Schweiz verhält es sich laut der zuständigen augenärztlichen Gesellschaft nicht anders.
Angehende Autofahrer fallen durch Sehtest
Ralf Jann, Fachtrainer und Augenoptiker bei der Fielmann AG, beschreibt einen möglichen Grund für die zunehmende Kurzsichtigkeit: «Schauen die Augen überwiegend in die Nähe, ändert das Gehirn die Priorität von fern auf nah», erklärt er. Weil das Auge auf diese Weise zunehmend die Fähigkeit, in die Weite zu schauen verliere, komme es zur Kurzsichtigkeit.
Diese Entwicklung bekommen auch Optiker zu spüren. Marlyn Winnewisser, Augenoptikerin im Zürcher Brillengeschäft Sehbar, berichtet, dass sich die Zunahme vor allem bei den obligatorischen Sehtests für angehende Lernfahrer zeige. «Ein grösser werdender Anteil der jungen Frauen und Männer erreicht den für das Autofahren nötigen Sehwert nicht mehr.»
«Früher waren die Korrekturen schwächer»
Martin Schirmer, Geschäftsleiter von Visilab in Bern, arbeitet seit 25 Jahren als Augenoptiker. Auch er sagt: «Früher, als die Unterhaltungstechnik noch nicht so verbreitet war, tendierten die jungen Leute zu schwächeren Korrekturen im Bereich der Kurzsichtigkeit.» Seinen Kunden verkaufe er im Schnitt heute Brillen und Linsen für Dioptrien zwischen minus 1,5 und 2,5.
Die zunehmend kurzsichtigen Menschen beschäftigen auch die Wissenschaft. «Die Vorbeugung der Myopie ist auf allen Fachtagungen weltweit momentan Thema Nummer eins», sagt Ralf Jann. Ein Patentrezept gegen Kurzsichtigkeit gebe es bis jetzt aber noch nicht.
«Schauen Sie draussen in die Ferne»
Visilab hat neben gewöhnlichen Brillen «Blueprotecters» im Angebot – Brillen, die das blaue Licht der digitalen Geräte blockieren. Der Geschäftsleiter macht darauf aufmerksam, dass die Wirksamkeit der Schutzfilter wissenschaftlich umstritten sei. Die ersten Kunden-Feedbacks seien aber positiv ausgefallen. «Die Kunden berichten von einem entspannteren Schauen auf den Bildschirm.»
Und wenn das nicht wirkt? Drohen allen Büroangestellten, die den ganzen Tag vor einem Bildschirm sitzen, eines Tages dicke Brillengläser? Jann verneint. Wichtig sei, einen Ausgleich zur Arbeit am Bildschirm zu schaffen. Er empfiehlt: «Gehen Sie raus an die Sonne und schauen Sie in die Ferne.» Auch solle man mindestens fünf Minuten pro Stunde aus dem Fenster schauen.
«Ideal ist, wenn man nach der Arbeit mit dem Velo nach Hause geht und den Feierabend anstatt vor dem Fernseher im Garten ausklingen lässt.»