Falsche OpferDiese IV-Betrüger wurden durch Detektive entlarvt
Detektive konnten dank der Überwachung schon diverse IV-Bezüger des Betruges überführen. Eine Auswahl von Fällen.
Das Bundesgericht stoppt die IV-Detektive. Für verdeckte Observation von Bezügern fehle die gesetzliche Grundlage, wie am Mittwoch bekannt wurde.
Das ist zumindest vorerst das Ende einer Erfolgsgeschichte: Die Zahl der dank Detektiven überführten Betrüger nahm über die Jahre deutlich zu, die IV konnte Millionen sparen.
Nur wenige Fälle kamen bisher an die Öffentlichkeit. Hier eine Auswahl:
Traumatisierter mit Motorsäge
Ein Kurde gab vor, er sei vom türkischen Militär schwer misshandelt worden und habe ein schweres Trauma erlitten. 20 Jahre spielte er seine Rolle mit Erfolg. «Vor Ärzten konnte er kaum gehen, hangelte sich den Wänden entlang, gab sich mal verängstigt, mal verzweifelt, mal depressiv», schrieb die «Basler Zeitung» 2015 beim Gerichtsprozess. Der 52-Jährige galt als arbeitsunfähig und bekam IV. Die Detektive beobachteten ihn dann allerdings beim Hantieren mit der Motorsäge im Schrebergarten. Er fuhr Porsche, organisierte den Umbau des Elternhauses und überwies 80'000 Franken in die Türkei. Der Gerichtspräsident sprach von einem «betrügerischen Trauerspiel» und verurteilte den Mann wegen gewerbsmässigen Betrugs zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 3,5 Jahren.
Bettlägrige schmückt Christbaum
Eine Frau aus Serbien hatte in Luzern einen Velounfall. Sie erleidet eine Prellung und eine Knieverletzung. Danach erklärte sie, dass sie sich nur noch flüssig ernähren könne, bettlägerig sei und Selbstmordgedanken habe. Die Ärzte glaubten ihr und beschrieben sie als Pflegefall. Zwischen 2000 und 2010 bezog die Frau 917'840 Franken. Als sie noch mehr Geld wollte, wurde sie von Detektiven mit Video überwacht. Bei der Observation stellte sich heraus, dass sie oft unterwegs war. Sie konnte auch mit schweren Taschen in den Car nach Serbien reisen und dort einen Christbaum schmücken. Sie und ihr Mann, ebenfalls ein IV-Bezüger, besassen über 30 Grundstücke. Der Fall machte schweizweit Schlagzeilen. Die IV-Betrügerin wurde zu vier Jahren Haft verurteilt.
Verunfallter bei Aprikosenernte
Ein Oberwalliser gab nach einem Velounfall 1998 an, wegen Rückenproblemen auf einen Rollstuhl angewiesen zu sein. Er täuschte sogar das Paraplegikerzentrum Balgrist und verlangte eine volle IV-Rente – doch mehrere Gerichte wiesen ihn ab. Er ging bis vors Bundesgericht. 2013 wurde dem 65-Jährigen dann ein IV-Rente zugesprochen. Doch kurz darauf erhielt die IV-Stelle einen anonymen Hinweis, dass der Mann zuhause schwere Arbeiten verrichte. So liess sie den Mann von Detektiven beschatten. Diese sahen, dass er anscheinend nicht nur schwere Ziegel hochheben konnte, sondern auch Rasen mähen oder für die Aprikosenernte auf einen Baum steigen konnte. Er wurde zu einer bedingten Geldstrafe von 180 Tagessätzen zu 30 Franken verurteilt.
Verletzte macht den Haushalt
Eine 46-jährige Frau gab an, sie leide unter Daumenbeschwerden und sei deshalb arbeitsunfähig. Sie versuchte so, sich IV-Leistungen von einer halben Million Franken zu erschleichen. Ein Detektiv beobachtete jedoch, wie die Frau den Haushalt machte – offensichtlich ohne dass der vermeintlich lädierte Daumen sie störte. Das Berner Obergericht sprach die Frau trotzdem vom Vorwurf des Betrugs frei. Grund: Der IV-Arzt habe sich leichtgläubig über den Tisch ziehen lassen.