MangelernährungEltern verbieten ihren Kindern, Milch zu trinken
Food-Trends und falsche Ernährungsmythen setzen dem einstigen Klassiker am Zmorge-Tisch schwer zu – mit teils schwerwiegenden Folgen.
Die Zeiten, in denen Milch als Nationalgetränk galt, sind lange vorbei. Der Konsum von Kuhmilch in der Schweiz ist laut der «SonntagsZeitung» seit Jahren rückläufig und erreicht neue Tiefstwerte. Die Zeitung beruft sich auf Zahlen des Branchenverbands Swissmilk. Im Jahr 1950 betrug der jährliche Pro-Kopf-Verbrauch noch 233 Kilogramm. 2017 waren es nur noch 57 Kilogramm.
Mittlerweile habe die Milch-Aversion in der Schweiz allerdings ernsthafte Folgen für die Gesundheit: Kinderärzte und Ernährungsberater berichten von mangelernährten Kindern, weil Eltern das Trinken von Kuhmilch verböten. Die Milchlobby wolle das Image des Getränks nunmehr mit einer Marketingkampagne rund um das Bild glücklicher Kühe auf der grünen Wiese wieder aufpolieren.
Ist Milch das neue Gluten?
Gerade junge Menschen widmen sich Ernährungsfragen heute mit fast schon religiösem Eifer. Veganern oder Anhängern der eiweissreichen Low-Carb-Kost etwa gilt Milch als unbedingt zu vermeidendes Lebensmittel von gestern.
Dass das Image der Milch Kratzer abbekommen hat, liegt aber auch am zunehmend kritischen Konsumenten, der sich an der Massentierhaltung und der industriellen Milchproduktion stört.
Der Mythos vom Dickmacher Milch
Wissenschaftliche Belege dafür, dass Milch ungesund sein oder dick machen könnte, gibt es bis heute aber nicht. Mediziner und Ernährungsexperten sowie die Schweizerische Gesellschaft für Ernährung empfehlen nach wie vor den Konsum von drei Portionen Milch oder Milchprodukte am Tag. Gerade für Kinder kann Milchabstinenz fatale Folgen haben. Mediziner warnen davor, dem Nachwuchs Kuhmilch zu verbieten. Um das fehlende Milcheiweiss zu kompensieren, müssten Kinder zwei Mal pro Tag Fleisch essen oder viele Hülsenfrüchte.
Gerade Anhänger einer kohlenhydrate-armen Ernährung konsumierten ohne es selbst zu wissen am Ende doch oft Milch, wie Oswald Hasselmann, Leitender Arzt am Kinderspital Ostschweiz, gegenüber der «SonntagsZeitung» äussert: «Geradezu grotesk ist, wenn junge Männer im Zuge des Fitnesswahns teures Proteinpulver kaufen, das mehrheitlich aus Milchpulver besteht, und gleichzeitig eine Aversion gegen Milch haben.»