So belastet die Hitze die Gesundheit und die Natur

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Keine Abkühlung in SichtSo belastet die Hitze die Gesundheit und die Natur

Die Hitzewelle lässt die Ozonwerte ansteigen. Während Obstbauern jubeln, leiden die Bäume. Bienen geben weniger Honig, und Gewitter sind in weiter Ferne.

von
ehs
Die Hitze hat die Schweiz im Griff. Das hat Folgen für die Gesundheit der Menschen, die Natur und die Tiere. Das bedeuten die hohen Temperaturen:
Die Ozonbelastung steigt und überschreitet regelmässig den Stundengrenzwert. Das Bundesamt für Umwelt rät, sportliche Aktivitäten morgens durchzuführen. Es bestehe aber kein Grund, etwa Kinder nicht draussen spielen zu lassen.
Auch Bäume leiden unter der Hitze. Sie wachsen weniger und lassen ihre Blätter früher fallen. «In der Regel reicht eine Trockenperiode nicht aus, damit die Bäume absterben», sagt Roman Zweifel von der Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL).
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Die Hitze hat die Schweiz im Griff. Das hat Folgen für die Gesundheit der Menschen, die Natur und die Tiere. Das bedeuten die hohen Temperaturen:

Keystone/Walter Bieri

Die Hitzewelle nimmt kein Ende. Wir beantworten die wichtigsten Fragen.

Die Ozonbelastung steigt an. Was heisst das für die Gesundheit?

Bleibt es längere Zeit sonnig und windstill, steigt die Ozonbelastung. Reto Meier vom Bundesamt für Umwelt (Bafu) sagt, der Stundengrenzwert von 120 µg/m3 werde derzeit am Nachmittag und Abend in weiten Teilen der Schweiz überschritten. Die Informationsschwelle von 180 µg/m3, bei der der Bund Mitteilungen verschickt, sei allerdings erst im Tessin überschritten worden. «Während einer mehrtägigen Smogperiode nimmt die Belastung täglich zu», sagt Meier. In stark besiedelten Gebieten und in Verkehrsnähe werde das Ozon in der Nacht fast vollständig abgebaut. Auf dem Land bleibe es länger erhalten, weil weniger andere Schadstoffe vorhanden seien, die den Smog abbauten. Sportanlässe oder Wanderungen sollten so geplant werden, dass Ausdauerleistungen eher am Morgen erbracht werden. «Eine generelle Empfehlung, nicht ins Freie zu gehen, ist nicht notwendig», sagt Meier. «Auch Kinder sollen nicht vom Spielen draussen abgehalten werden.»

Sterben nun die Bäume ab?

«In der Regel reicht eine Trockenperiode nicht aus, damit die Bäume absterben», sagt Roman Zweifel von der Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL). «Mit einigen Ausnahmen werden die Laubbäume nächstes Jahr wieder austreiben.» Das Resultat eines trockenen Frühjahrs und Sommers wie in diesem Jahr sei, dass weniger Holz im Jahrring des Stammes gebildet werde und sich das Kronenvolumen vermindere. Das Messstellen-Netz TreeNet zeige, dass das Wasserdefizit der Bäume deutlich gestiegen sei. «Eine solche Grössenordnung haben wir in den letzten acht Jahren, in denen wir das Netz betreiben, noch nie gesehen.» Viele Bäume zeigten nun markanten Trockenstress. «Dann versuchen sie, den Wasserverlust zu minimieren, und wachsen nicht mehr weiter. Hält die Trockenheit an, werfen sie zudem ihre Blätter frühzeitig ab», sagt er. Deswegen würden sie aber nicht absterben. «Dafür bräuchte es wiederholt solche Hitzeperioden.» Nach dem Hitzesommer 2003 seien zwar einige Fichten gestorben, dazu habe es aber noch einen weiteren Faktor gebraucht wie etwa den Borkenkäferbefall im Jahr darauf.

Was bedeutet die Hitze für die Bauern?

Vielen Bauern setzt die Hitze zu. Sie müssen ihre Felder bewässern. Mancherorts fehlt das Wasser dazu. Anders sieht es bei den Obstbauern aus: «Wir sind sehr zufrieden mit diesem Jahr», sagt Beatrice Rüttimann, Sprecherin des Schweizer Obstverbands. «Wir haben von allem reichlich und in guter Qualität.» Insbesondere die Kirschen, Brombeeren und sonstigen Beeren hätten eine sehr gute Ernte mit süssen Früchten zu verzeichnen. «Durch die Sonne konnten die Früchte mehr Zucker bilden», sagt Rüttimann. Im professionellen Obstanbau seien die Kulturen bewässert. Probleme könne es allenfalls bei nicht bewässerten Hochstamm-Kulturen geben. Dort könnten Früchte vielleicht nicht so gross werden oder runterfallen. «Auch bei diesen Früchten erwarten wir aber eine gute Ernte.»

Was bedeutet die Hitze für die Bienen? Kommt nun eine Wespenplage?

Es könne sein, dass es dieses Jahr etwas mehr Wespen gebe, sagt Martin Schwegler vom Imkerverband der deutschen und rätoromanischen Schweiz. «Weil es viel Obst gibt, hat es für die Wespen genügend Nahrung.» Mit einer grösseren Wespenplage rechne er aber nicht. Für die Bienen sei die Hitze kein Problem. «Die trockenen Böden führen aber dazu, dass die Pflanzen keinen Nektar geben und dass es im Wald nicht honigt. Die Sommertracht könnte dieses Jahr unterdurchschnittlich ausfallen», sagt Schwegler.

Haben die Gewitter die Trockenheit entschärft?

Nicola Möckli von Meteonews sagt, in den Kantonen St. Gallen und Thurgau habe sich die Lage dank den Gewittern kurzfristig entspannt. «Sie waren aber sehr lokal, in grossen Teilen der Schweiz fiel kein Regen.» Hinzu kommt: «Kurze, heftige Niederschläge fliessen oberflächlich ab. Für eine dauerhafte Besserung müsste es einen oder zwei Tage durchregnen.» Eine solche Wetterlage ist aber nicht in Sicht.

Wie lange geht die Hitze noch weiter?

Bis Mittwoch nächster Woche dürfte es im Flachland mittags nie unter 30 Grad Celsius werden, sagt Meteorologe Möckli. Danach sei eine leichte Abkühlung verbunden mit unbeständigem Wetter möglich. «Gewitter dürfte es bis dann im Flachland keine geben», sagt Möckli. «Wir haben ein stabilisierendes Hoch mit thermisch stabilen Luftmassen.» Die Luft sei in tiefen, aber auch hohen Lagen warm, was das Entstehen von Gewittern erschwere. Solche seien allenfalls in den Bergen möglich. Am Samstag könnte der Europarekord von bisher 47,4 Grad Celsius gebrochen werden. «Es kommen extrem warme Luftmassen direkt aus dem nordafrikanischen Raum nach Spanien und Portugal. Lokal könnte es dort Temperaturen zwischen 48 und 50 Grad Celsius geben.»

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