BAG unter BeschussPolitiker wollen E-Zigis mit Nikotin erlauben
Im Gegensatz zur EU dürfen Konsumenten in der Schweiz keine nikotinhaltigen Produkte für ihre E-Zigaretten kaufen. Politiker bezeichnen die Regelung des BAG als «unhaltbar».
Die Schweizer Dampfer (siehe Box) – so nennen sich E-Zigaretten-Konsumenten, um sich von den Rauchern abzugrenzen – müssen bisher aufs Ausland ausweichen, wenn sie nikotinhaltige Produkte für ihre elektrisch betriebenen Verdampfer kaufen wollen. Diese Liquids genannten Produkte unterstehen in der Schweiz nämlich der Lebensmittelverordnung, welche Zusatzstoffe mit pharmakologischer Wirkung wie Nikotin verbietet. Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) mahnt beim Konsum von E-Zigaretten zu Vorsicht: Die Zusammensetzung dieser Produkte sei oft unklar und die längerfristigen, gesundheitlichen Auswirkungen weitgehend unbekannt. Deshalb wolle das BAG an den Einschränkungen festhalten.
Der Filmregisseur und passionierte Dampfer Michael Steiner stört sich daran, dass er die nikotinhaltigen Liquids nicht in der Schweiz kaufen kann. Die Begründung des BAG kann er nicht nachvollziehen: Auch wenn die langfristigen Auswirkungen noch nicht bis ins Detail bekannt seien, «schlimmere Folgen als langjähriges Rauchen wird das sicher nicht haben», glaubt Steiner.
Politischer Handlungsbedarf
SVP-Nationalrat Lukas Reimann pflichtet bei: «Diese Regelung ist völlig unhaltbar.» Sie führe nur dazu, dass Schweizer E-Dampfer ihr Geld im Ausland ausgeben würden. Zwar müssten die nikotinhaltigen Liquids sorgfältig überprüft werden, bevor man sie in der Schweiz zulasse. Doch einfach sämtliche nikotinhaltigen E-Zigaretten zu verbieten, sei unsinnig. Für Reimann ist klar: «Hier besteht politischer Handlungsbedarf.»
Auch der Präventivmediziner und FDP-Ständerat Felix Gutzwiller kann mit der Fortsetzung des Verkaufsverbots in der Schweiz wenig anfangen: «Ich gehe grundsätzlich von mündigen Konsumenten aus, die selber wählen sollen, was sie kaufen.» Eine Angleichung an die EU-Regelung mache Sinn.
Für SP-Ständerat Roberto Zanetti ist die Zulassung von nikotinhaltigen E-Zigaretten-Produkten in erster Linie eine gesundheitspolitische Frage. Wenn die Experten jedoch zum Schluss kämen, dass E-Zigaretten mit Nikotin eine Erleichterung für ausstiegswillige Raucher sein könnten, so müsse man eine Zulassung ins Auge fassen. «Der Ball liegt jetzt beim Bundesamt für Gesundheit», sagt Zanetti.
Dieses Argument will Gutzwiller hingegen nicht gelten lassen. Es sei zwar denkbar, dass jemand beim Aussteigen einen Zwischenschritt über nikotinhaltige E-Zigaretten mache. Diese seien aber eindeutig auf den langfristigen Konsum ausgerichtet. Wer es mit dem Aufhören wirklich ernst meine, dem stünden verschiedene Substitutionsprodukte wie Nikotinkaugummis oder Pflaster zur Verfügung, die einem während der Abgewöhnungszeit helfen können. Wer von normalen Zigaretten auf E-Zigaretten umsteige, tue zwar seiner Lunge einen Gefallen, die Herz-Kreislauf-Risiken blieben jedoch bestehen.
«E-Zigaretten sind nicht gesund»
EVP-Nationalrätin Maja Ingold schlägt in die gleiche Kerbe: E-Zigaretten sind für sie keine überzeugende Lösung. «Nur weil die Lunge weniger Schaden nimmt, ist das noch lange nicht gesund», ist sie überzeugt. Mit den jetzt schon zum Verkauf zugelassenen nikotinfreien Zusatzstoffen kann sie zwar leben, weil diese einer «Schwachstromlösung» entsprechen. Sie wehrt sich aber gegen eine Legalisierung des Verkaufs von nikotinhaltigen Liquids. Dass Schweizer E-Dampfer die Liquids weiterhin im Ausland besorgen müssen, ist für sie nicht problematisch: «Die Leute bestellen ja auch Bücher im Ausland, weil sie billiger sind.»
Frau Zimmerli,* weshalb braucht die Schweiz noch ein nikotinhaltiges Produkt?
E-Zigaretten sind wesentlich gesünder als normale. Warum soll man hierzulande Zigaretten kaufen können, während wir Dampfer für die nikotinhaltigen Liquids ins Ausland ausweichen müssen?
Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) warnt vor den gesundheitliche Auswirkungen der E-Zigaretten.
Die Wirkungen sind ausreichend untersucht. E-Zigaretten sind um einiges weniger schädlich als normale Zigaretten. Beim Tabakkonsum kennt man die schädlichen Konsequenzen und man kann trotzdem Zigaretten kaufen.
Steigen Jugendliche mit E-Zigaretten ein und werden dann zu Rauchern?
Ein solcher Fall ist nicht bekannt. Es ist doch gut, wenn Jugendliche eine Alternative zur Zigarette haben. Wer dampft, schätzt das Aroma und will keine Zigaretten, die stinken und in der Lunge kratzen.
*Susan Zimmerli ist im Vorstand der Interessengemeinschaft E-Dampfen. (cbe)