«Arbeitssuche besonders schwierig»9 von 10 Flüchtlingen beziehen Sozialhilfe
81'048 Flüchtlinge in der Schweiz sind auf Sozialhilfe angewiesen. Die Unterschiede in den Kantonen sind riesig.
Erstmals hat das Bundesamt für Statistik (BFS) die Sozialhilfezahlen für Flüchtlinge separat publiziert. Demnach bezogen im Jahr 2016 insgesamt 25'544 Personen im Flüchtlingsbereich und 55'504 Personen im Asylbereich Sozialhilfe. Das sind 85,8 respektive 88,4 Prozent.
Die hohe Sozialhilfequote begründet das BFS damit, dass es für Asylsuchende «besonders schwierig» sei, «eine Arbeit zu finden, die finanzielle Autonomie ermöglicht». Konkret führt es mangelnde Sprachkenntnisse, eine nicht anerkannte Ausbildung, den Gesundheitszustand oder das fehlende Netzwerk als Hindernisse bei der Jobsuche an.
Sozialhilfe – oder nur Asylfürsorge?
Auffallend sind die grossen Unterschiede zwischen den Kantonen (siehe Bildstrecke). In Basel-Stadt bezogen 94,4 Prozent der Asylsuchenden Sozialhilfe, in Obwalden nur 60,6 Prozent. Im Flüchtlingsbereich stieg die Sozialhilfequote in 20 Kantonen an, am stärksten in Luzern (+14,4), Basel-Stadt (+13,1), Schwyz und Solothurn (je +11,1).
Dieses Jahr war die Sozialhilfe im Kanton Zürich ein Politikum: Die Stimmbevölkerung entschied dort am 24. September, dass Ausländer mit Status F keine Sozialhilfe mehr erhalten – nur noch die deutlich tieferen Ansätze der Asylfürsorge (statt rund 900 noch 360 Franken pro Monat). Die Befürworter aus SVP, FDP und EDU argumentierten, dass Ausländer sich nicht mehr integrieren würden, weil sie von der Sozialhilfe bereits gut leben könnten. Zudem ziehe die Sozialhilfe Wirtschaftsmigranten an.
Zudem fordern Politiker in mehreren Kantonen, dass vorläufig Aufgenommene nur noch Nothilfe von zirka 8 Franken am Tag erhalten sollen. In Basel lehnte der Grosse Rat dies im November jedoch ab. Die SVP will nun eine Volksinitiative lancieren.
Jeder zweite Bezüger aus Eritrea
Im letzten Jahr war gemäss der neuen Statistik jeder dritte Sozialhilfebezüger im Flüchtlings- und Asylbereich minderjährig, fast die Hälfte zwischen 18 und 35 Jahre alt. Im Flüchtlingsbereich kam mehr als jeder zweite Bezüger aus Eritrea, 17,2 Prozent waren aus Syrien.
Schweizweit haben 2016 273'000 Personen oder 3,3 Prozent der Wohnbevölkerung Sozialhilfe bezogen – ein Plus von 0,1 Prozent. Die Mehrheit der Bezüger ist Schweizer.
Flüchtlings- und Asylbereich
Zum Flüchtlingsbereich zählt das Staatssekretariat für Migration Flüchtlinge mit Asyl (Ausweis B), bei denen seit Einreichung des Asylgesuchs weniger als fünf Jahre vergangen sind, und sozialhilfebeziehende vorläufig aufgenommene Flüchtlinge (Ausweis F), die seit weniger als sieben Jahren in der Schweiz sind. Zum Asylbereich gehören Asylsuchende (Ausweis N) und vorläufig aufgenommene Personen (Ausweis F) mit bis zu 7 Jahren Aufenthalt in der Schweiz.