UmfrageArbeiten bis 70 – Junge glauben nicht an AHV
Die wenigsten unter 30-Jährigen gehen davon aus, eines Tages von der Rente leben zu können. Sie stellen sich darauf ein, bis ins hohe Alter arbeiten zu müssen.
Die Altersvorsorge gehört zu den Problemen, die Jugendliche in der Schweiz am stärksten beschäftigen – mehr noch als die Asyl- und Flüchtlingsthematik. Zu diesem Befund kommt das jüngste Jugendbarometer der CS. Dass viele Schweizer um ihre Renten zittern, zeigt auch eine nicht repräsentative Umfrage von 20 Minuten mit über 20'000 Teilnehmern. Darin geben neun von zehn Befragten an, dass ihnen der Zustand von AHV und Pensionskasse Sorgen bereitet.
76 Prozent bezweifeln, dass sie später einmal von der Rente leben können. Bei den unter 30-Jährigen beträgt dieser Anteil sogar über 88 Prozent. Nur 2,1 Prozent der Jungen gehen davon aus, dass das Geld «sicher» reichen wird. 7,4 Prozent glauben, dass dies «eher» der Fall sein wird.
Rentenalter 65 für viele eine Illusion
Dass in der Altersvorsorge Reformbedarf besteht, ist in der Politik weitgehend unbestritten. In der Herbstsession hat der Ständerat die Mammutvorlage «Altersvorsorge 2020» von Bundesrat Alain Berset in Angriff genommen, die dafür sorgen soll, dass die Renten der künftigen Generationen gesichert sind. Die Vorlage sieht unter anderem vor, dass das Pensionsalter der Frauen auf 65 Jahre erhöht und damit dem der Männer angeglichen wird. Dies finden die meisten Umfrageteilnehmer richtig. Während die Zustimmung bei den Männern rund 85 Prozent beträgt, ist bei den Frauen aber nur gut jede Zweite dafür.
Allerdings gehen die meisten Befragten ohnehin nicht davon aus, dass sie ihren Job wirklich mit 65 an den Nagel hängen können. Insbesondere bei den Jungen rechnen viele mit einem höheren Rentenalter. Von den unter 30-Jährigen glauben knapp 26 Prozent, dass sie bis 67 arbeiten müssen. 54 Prozent stellen sich auf ein Rentenalter von 70 oder mehr Jahren ein. Und 13 Prozent sind überzeugt, dass ihre Generation bis 75 oder 80 Jahre arbeiten muss.
Jungpolitiker uneins
Bersets Entwurf sieht weiter vor, dass schon 20- bis 24-Jährige einen Teil ihres Lohns in die Pensionskasse einzahlen sollen. Dies stösst bei den Jungen erwartungsgemäss auf Widerstand. Während dies insgesamt knapp 53 Prozent der Befragten gut finden, sind es bei der U30-Kategorie nur gut 28 Prozent.
Maurus Zeier, der Präsident der Jungfreisinnigen, sagt: «Ich verstehe, dass sich die Leute Sorgen machen. Denn Bersets Vorlage belastet junge Arbeitnehmer stark und schafft es gleichzeitig nicht, ihre Renten zu sichern.» Die Umfrage deutet für Zeier jedoch darauf hin, dass sich in der Bevölkerung ein Bewusstsein dafür ausbildet, «dass es so nicht weitergehen kann». Für ihn ist klar: «Wir leben länger, also müssen wir länger arbeiten, mehr einzahlen oder tiefere Renten akzeptieren.»
Diametral anderer Meinung ist Juso-Chef Fabian Molina. Er führt die Verunsicherung bei den Jungen auf die «Angstkampagne» zurück, welche die Bürgerlichen seit Jahren fahren würden. «Die Renten sind im Moment überhaupt nicht in Gefahr», ist er überzeugt. Die von Berset vorgesehene Erhöhung der Mehrwertsteuer reiche, um den Finanzierungsbedarf der AHV zu decken. Die Juso will sich gegen die geplante Erhöhung des Frauenrentenalters und die Senkung des Umwandlungssatzes wehren – wenn nötig auch mit einem Referendum.
Viele sparen fürs Alter
Wenn sie wählen könnten, würden die meisten Befragten (36%) am liebsten die Mehrwertsteuer erhöhen, um die AHV-Kasse aufzubessern. Eine Erhöhung der Lohnbeiträge wäre für 19 Prozent das geringste Übel, für eine Erhöhung des Rentenalters plädieren knapp 18 Prozent. Am wenigsten populär ist der Vorschlag einer Rentensenkung.
Im Hinblick auf allfällige finanzielle Engpässe im Alter setzen viele Leute auch auf die private Vorsorge. Nur ein Drittel der Umfrageteilnehmer spart weder auf einem privaten Bankkonto noch im Rahmen der Säule 3a. Dass ihnen eine grössere Erbschaft einen goldenen Ruhestand beschert, wagen hingegen die meisten nicht zu hoffen. Insgesamt sieben Prozent spekulieren darauf, dass ihnen irgendwann ein Geldsegen von über einer halben Million Franken zuteil wird.