Protest bei AKW BeznauAtom-Aufsicht zeigt Greenpeace-Aktivisten an
Bei einem Protest sollen Greenpeace-Aktivisten Löcher in das AKW Beznau gebohrt haben. Die Atomaufsichtsbehörde ENSI geht jetzt gegen die Organisation vor.
Die Atomaufsichtsbehörde ENSI hat gegen einzelne Aktivisten von Greenpeace bei der Bundesanwaltschaft eine Strafanzeige eingereicht. Die Aktivisten sollen im März bei einem Protest ein Reaktorgebäude des AKW Beznau bestiegen und Löcher in den Beton des Sekundärcontainments gebohrt haben.
Gemäss Kernenergiegesetz stünden Beschädigungen von Vorrichtungen in einer Kernanlage, die für die nukleare Sicherheit oder Sicherung wesentlich seien, unter Strafe, teilte das Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat (ENSI) am Donnerstag mit.
Nach dem Protest auf dem Gelände hatte die AKW-Betreiberin Axpo einen Strafantrag wegen Hausfriedensbruchs und Sachbeschädigung gestellt. Die Aargauer Staatsanwaltschaft erliess mittlerweile gegen 66 Greenpeace-Aktivisten Strafbefehle, die noch nicht rechtskräftig sind.
Mit Leitern über Absperrzaun
Wie der Energiekonzern Axpo am Donnerstag weiter mitteilte, würden die durch die Greenpeace-Aktion entstandenen Schäden auf dem Zivilweg geltend machen.
Die Aktivisten waren am 5. März kurz vor 7 Uhr mit Hilfe von Leitern über den Absperrzaun ins AKW-Gelände eingedrungen. Aktivisten brachten unter anderem am Reaktor 2 und am Portalkran gelbe Transparente mit der Aufschrift «The End» an.
Anzeige wegen Bohrlöchern in Schutzhülle
Das ENSI reichte bei der Bundesanwaltschaft zudem eine Strafanzeige wegen den sechs Bohrlöchern im Primärcontainment des AKW Leibstadt ein. Eine externe Firma hatte die Löcher im November 2008 gebohrt, um Handfeuerlöscher zu montieren. Die Löcher wurden erst im vergangenen Juni bemerkt. Sie wurden mittlerweile gestopft.
Das ENSI hatte in einem am Mittwoch veröffentlichten Bericht das AKW Leibstadt wegen organisatorischer Mängel gerüffelt. Externe Mitarbeitende müssten bei Revisionsarbeiten in der Anlage besser betreut und geschult werden.
Die Vorkommnisse in den AKW Beznau und Leibstadt seien von geringer sicherheitstechnischer Bedeutung gewesen, hält das ENSI fest. In beiden Fällen hätten sich jedoch Anhaltspunkte ergeben, dass die Strafbestimmungen des Kernenergiegesetzes verletzt worden sein könnten.
«Wir sind nach gründlicher Abwägung zum Schluss gekommen, dass wir deshalb verpflichtet sind, die Fälle Beznau und Leibstadt zur Anzeige zu bringen», liess sich ENSI-Direktor Hans Wanner zitieren. Die Aufsichtsbehörde erteilte keine weiteren Auskünfte zu den Strafanzeigen.
Greenpeace: ENSI will ablenken
Laut Kernenergiegesetz droht bei einer Verurteilung wegen Missachtung von Sicherheits- und Sicherungsmassnahmen eine Gefängnisstrafe oder eine Busse von bis zu 500'000 Franken. Handelt der Täter fahrlässig, so ist die Strafe Gefängnis oder Busse von bis zu 100'000 Franken.
In einer Stellungnahme warf Greenpeace dem ENSI vor, es wolle mit den Strafanzeigen «von den eigenen schweren Verfehlungen ablenken». Laut der Umweltorganisation bestehen bei Beznau altersbedingte Defizite und Sicherheitslücken. Gegen diese Missstände bleibe die Aufsichtsbehörde «weitgehend untätig». Greenpeace prüft nach eigenen Angaben, ob rechtliche Schritte gegen das ENSI eingeleitet werden sollten. (sda)