Aufstand gegen portable Riesenlautsprecher

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«Ganze Disco-Anlagen»Aufstand gegen portable Riesenlautsprecher

Schweizer Gemeinden sagen Boomboxen den Kampf an: Verbote sollen in der Öffentlichkeit für Ruhe sorgen. Nicht alle Lärmschützer befürworten neue Gesetze.

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Manchen genügt ein Kopfhörer. Andere haben gern ein kleines Radio in Kopfnähe. Und dann gibt es die, die gerne eine portable Disco mitnehmen. (Symbolbild)
Sound in Club-Lautstärke im Park: Die einen freut's. Andere weniger. (Symbolbild)
Diese Szene trifft der Gemeindepräsident von Rüdlingen immer wieder an: Ein Notstromgenerator brummt am Rheinufer. Übertönt wird er nur von der Musikanlage, die er mit Strom versorgt.
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Manchen genügt ein Kopfhörer. Andere haben gern ein kleines Radio in Kopfnähe. Und dann gibt es die, die gerne eine portable Disco mitnehmen. (Symbolbild)

Martin Kern hat die Nase voll. Oder vielmehr die Ohren: Der Gemeindepräsident von Rüdlingen, einer Schaffhauser Gemeinde am Rhein, wird mit Lärmklagen eingedeckt. Schon 17-mal musste die Gemeindepolizei dieses Jahr deswegen ausrücken, wie der «Zürcher Unterländer» berichtet. Zwölfmal die Kantonspolizei. Die Lärmverursacher seien jeweils Jugendliche gewesen, die sich am Rheinufer vergnügten. Auch mit Musik.

Mit lauter Musik. Ghettoblaster seien noch harmlos dagegen: «Das geht über das Normale hinaus», sagt Kern. «Batteriebetriebene Boxen in Rollkofferform, ganze DJ-Mischpulte – alles, was es technisch gibt,» brächten die Jugendlichen mit, berichtet der Gemeindepräsident. Manche bauten «ganze Disco-Anlagen» auf, betrieben mit mitgebrachten Notstromgeneratoren. Das störe nicht nur die Leute in der eigenen Gemeinde: «Es gibt Klagen vom anderen Ufer.»

Verbot gefordert

Die Boxen sind praktisch – und sie werden immer günstiger. portable 40-Watt PA-Lautsprecher in Rollkofferform mit Bluetooth-Funktion, mit denen sich locker kleine Clubs beschallen lassen, gibt es bereits ab 200 Franken. Geht es nach Martin Kern, sollen sie in Rüdlingen am Rhein bald verstummen: Die Gemeinde möchte laute Musik verbieten. 2016 soll das Verbot stehen. In Eglisau kennt man ein entsprechendes Verbot bereits.

In Zürich ist der Einsatz von Boomboxen auf öffentlichem Grund faktisch ebenfalls verboten, wie Polizeisprecher Marco Bisa auf Anfrage bestätigt: «Das Gesetz besagt, dass alle Lautsprecheranlagen auf öffentlichem oder privatem Grund bewilligungspflichtig sind», so Bisa. Für spontane Privatpartys würden solche Bewilligungen nicht erteilt. Viele Klagen gebe es in Zürich wegen der grossen Boxen allerdings nicht – «meistens regeln die Leute das untereinander», sagt Bisa. Wenn es Lärmklagen gibt, suchten die Polizisten zuerst das Gespräch mit den Verursachern. Erst, wenn auch das nichts bringt, «droht dem Verursacher eine Verzeigung bei der zuständigen Behörde.»

Lärmschützer mit unterschiedlichen Ansätzen

Nancy Holten, Sprecherin der IG Stiller, sagt: «Wir verstehen, dass Jugendliche feiern wollen.» Grundsätzlich sei man «für eine tolerante Haltung gegenüber feiernden Leuten». Holten betont aber: «Es sollte jedoch nicht auf Kosten der Menschen sein, welche sich in unmittelbarer Nähe befinden. Ausserdem wird ab einer gewissen Lautstärke auch die Tierwelt in Mitleidenschaft gezogen.» Die IG Stiller begrüsst deshalb Verbote lauter Musikboxen: «Deshalb befürworten wir eine Regelung, welche den Lautsprechereinsatz ab einer gewissen Lautstärke untersagt.»

«Laute portable Musikanlagen können extrem stören», sagt Regula Obi von der Lärmliga Schweiz. «Vor allem nachts und zu den Mittagsruhezeiten sind die Vorschriften und Grenzwerte aber klar: Die Polizei muss einschreiten, wenn es zu laut wird.» Deshalb, so Obi, plädiere die Lärmliga «für eine Respektkultur. Es gibt Gemeinden, die an gewissen Tagen mehr Party zulassen als an anderen. Solche Lösungen finden wir passender als reine Verbote.»

Forderungen von Politikern

SVP-Nationalrat Guy Parmelin sagt es mit Kant: «Die Freiheit des einen hört dort auf, wo die Freiheit der anderen anfängt.» Beim Lärm, so Parmelin, bedeute dies: «Es gibt ein Minimum an Regeln, die es zu respektieren gilt, wenn es andere stört, ganz besonders in der Nacht. Das ist auch eine Frage der Erziehung und der öffentlichen Gesundheit. Es gibt Grenzen, die nicht überschritten werden dürfen.»

CVP-Nationalrat Markus Lehmann sagt: «Kaum kommt etwas Neues, schimpfen alle. Ein Verbot finde ich falsch.» Lehmann sagt, man müsse «an die Vernunft der Jungen appellieren»: Sie sollten zu gewissen klar definierten Zeiten ihre Feste feiern dürfen – aber «auch sie müssen auf der anderen Seite Respekt lernen». Das sei sinnvoller als neue Gesetze. Lehmann: «In Basel geht es ja auch. Es braucht von beiden Seiten eine gewisse Toleranz und Respekt.»

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