Stärke 4,6 in GlarusBesorgte Bürger legen Erdbeben-Website lahm
Das Beben in Glarus liess manchen Bürger zusammenzucken. Grosse Schäden blieben dieses Mal aus. Katastrophen sind laut Experten in der Schweiz aber jederzeit möglich.
Das Erdbeben der Stärke 4,6 vom Montagabend ist ohne grössere Schäden verlaufen. Bei der Glarner Gebäudeversicherung gingen weniger als zehn Schadensmeldungen ein. Trotzdem registrierte der Schweizerische Erdbebendienst (SED) bis am Dienstagmittag über 20 Nachbeben.
Der Glarner Gebäudeversicherung wurden unter anderem Risse in Wänden, eine eingerissene Wasserleitung und ein eingestürzter Kamin gemeldet, wie Hansueli Leisinger, Vorsitzender der GlarnerSach-Geschäftsführung, am Dienstag sagte. Nach ersten Einschätzungen handle es sich aber ausschliesslich um Bagatellfälle.
Nach dem ersten Beben gingen beim Erdbebendienst an der ETH in Zürich zahlreiche Meldungen aus den Kantonen Bern, Aargau, Zürich und Graubünden ein, wie der SED auf der Webseite mitteilte. Die Seite selber wurde von so vielen besorgten Bürgerinnen und Bürgern aufgerufen, dass sie teilweise gar nicht mehr oder nur noch schwer erreichbar war.
Längste Staumauer in der Nähe
Das Erdbeben hatte am Montagabend um 21.12 Uhr die Zentralschweiz erschüttert und war nach Angaben des SED in der ganzen Schweiz deutlich spürbar. Das Epizentrum lag vier Kilometer westlich von Linthal GL in fünf Kilometern Tiefe.
In der Nähe steht auch das unterirdische Gross-Pumpspeicherkraftwerk Limmern. Die über einen Kilometer lange Staumauer des Muttsees ist auf 2500 Metern über Meer gelegen. Bei der Medienstelle hiess es auf Anfrage, bei einer ersten visuellen Kontrolle seien keine Schäden festgestellt worden. Es werde im Verlaufe des Tages aber noch weitere Abklärungen geben.
21 Nachbeben
Gemäss dem SED muss bei einem Erdbeben dieser Stärke auch in den nächsten Tagen noch mit weiteren Nachbeben gerechnet werden. Dass die Erde noch einmal so heftig oder noch heftiger bebt, sei zwar unwahrscheinlich, aber nicht ausgeschlossen.
Bis Dienstagmittag registrierte der SED 21 Nachbeben. Das stärkste mit einer Magnitude von 2,9 um 22.57 Uhr war in der Umgebung erneut spürbar. Erdbeben dieser Stärke kommen nach SED-Angaben in der Schweiz im Durchschnitt alle paar Jahre vor. Das letzte vergleichbare Erdbeben wurde 2005 nahe der Schweizer Grenze in Vallorcine F registriert und war vor allem im Wallis spürbar.
Eine ernste Gefahr
Erdbeben sind nach Einschätzung von Seismologen auch für die Schweiz eine ernste Gefahr. Im 2015 aktualisierten Gefährdungsmodell bleibt das Wallis die Region mit dem höchsten Risiko, vor Basel, Graubünden, dem St. Galler Rheintal, der Zentralschweiz und der übrigen Schweiz.
Im Schnitt registriert das digitale Messnetz des SED zwei Erdbeben pro Tag. 10 bis 15 pro Jahr haben eine Magnitude von 2,5 oder grösser, sind also stark genug, um von der Bevölkerung verspürt zu werden. Das letzte starke Erdbeben, das Schäden verursacht hat, ereignete sich 1991 bei Vaz GR mit einer Magnitude von 5.
Rekord aus dem Jahr 1356
Das stärkste historisch dokumentierte Erdbeben in der Schweiz mit einer geschätzten Magnitude von 6,6 zerstörte 1356 grosse Teile von Basel. Es richtete vergleichbar schwere Schäden an wie jenes in San Francisco im Jahr 1906. Käme es heute in Basel zu einem ähnlichen Beben, wäre mit mehreren tausend Toten und Zehntausenden von Verletzten zu rechnen.
Beben mit einer Stärke um 6 sind laut SED alle 50 bis 150 Jahre möglich. Zum vorerst letzten Mal ereignete sich ein solcher Erdstoss 1946 bei Siders VS. Eine Person erlitt vor Schreck einen tödlichen Herzanfall, mehrere Menschen wurden verletzt. Glockentürme und Kamine stürzten ein. Ein solches Beben könne überall und jederzeit in der Schweiz auftreten, warnt der SED.
Der SED ist eine Fachstelle des Bundes und der ETH Zürich angegliedert. Er verfolgt mit über 100 Messstationen die seismische Aktivität, beurteilt die Erdbebengefährdung im Land und informiert Behörden und Öffentlichkeit im Fall eines Ereignisses. Der SED beschäftigt rund 70 Mitarbeitende. (kat/sda)