Affäre HildebrandBlocher soll Lei beraten haben
Die Zürcher Staatsanwaltschaft hat offenbar gute Indizien gegen Christoph Blocher in der Hand. Und: Hermann Lei hat angeblich gegen den Willen des früheren Bank-Sarasin-Mitarbeiters Bankdaten weitergegeben.

Alt Bundesrat Christoph Blocher (rechts) soll Grossrat Hermann Lei per Mail beraten haben.
SVP-Nationalrat Christoph Blocher hat am 27. Dezember 2011 mit dem Thurgauer Anwalt Hermann Lei die Übergabe der Kontendaten von Nationalbankpräsident Philipp Hildebrand an die «Weltwoche» beraten. Dies zeigen Recherchen der «SonntagsZeitung».
Mehrere Personen, die Einblick in das achtseitige Gesuch um die Aufhebung der Immunität Blochers hatten, versichern, die Staatsanwaltschaft Zürich stütze ihr Verfahren auf den Mailverkehr zwischen Lei und dem früheren Bank-Sarasin-Mitarbeiter Reto T. Darin sei der Kontakt vom 27. Dezember zwischen Lei und Blocher erwähnt.
Leis Anwalt Valentin Landmann sagte der «SonntagsZeitung», Lei habe sich beim Kontakt mit Blocher erkundigt, ob es eine gute Idee sei, sich an die «Weltwoche» zu wenden. Blocher habe laut seinem Mandanten sinngemäss geantwortet: «Ja, die Weltwoche ist eine gute Zeitschrift. Zudem weiss ich, dass Urs Paul Engeler bereits wegen der Nationalbank recherchiert.»
Aufgrund dieses Szenarios gehe die Zürcher Staatsanwaltschaft von der Anstiftung zur Bankgeheimnisverletzung aus, berichten mehrere Quellen. Sie glauben nicht, dass die Immunität Bloches dieses Handeln abdeckt.
Laut «TeleZüri» hat Hermann Lei gegenüber seinem Anwalt angedeutet, dass er die Bankdaten von Philipp Hildebrand vermutlich gegen den Willen des früheren Bank-Sarasin-Mitarbeiters Reto T. an die «Weltwoche» weitergegeben hatte. Bisher hat Lei immer behauptet, Reto T. sei mit dieser Weitergabe einverstanden gewesen.
Micheline Calmy-Rey sagt aus
Am Donnerstag wird die ehemalige SP-Bundesrätin Micheline Calmy-Rey bei der Geschäftsprüfungskommission (GPK) in Bern ihre Sicht der Dinge zur Affäre Blocher/Hildebrand schildern. Calmy-Rey wurde letzten Dezember von Blocher über die Vorwürfe von angeblich dubiosen Devisengeschäften des ehemaligen Nationalbankpräsidenten in Kenntnis gesetzt. Calmy-Rey würde aber auch vor der Immunitätskommission aussagen, wie sie gestern dem «Sonntag» sagte: «Wenn ich eine Einladung erhalte, würde ich mich dazu verpflichtet fühlen.»
Die Zürcher Staatsanwaltschaft ihrerseits wird in den nächsten Tagen ein Gesuch um Entsiegelung der beschlagnahmten Blocher Unterlagen beim Obergericht einreichen. Die Beschwerdekammer muss deshalb entscheiden, ob die bei der Hausdurchsuchung in Blochers Villa beschlagnahmten Unterlagen von der Staatsanwaltschaft entsiegelt und für das Strafverfahren verwendet werden dürfen.
Das Obergericht will den Fall, unbesehen der laufenden Abklärungen über Blochers Immunität, an die Hand nehmen. Das gleiche gilt für Blochers Beschwerde gegen seine Hausdurchsuchung.
Bundesanwalt stellt sich hinter Zürcher Justiz
Zu Wort gemeldet hat sich auch Bundesanwalt Michael Lauber in einem Inteview mit dem «Sonntag». Er glaubt nicht an ein politisch motiviertes Verfahren, wie dies die SVP darstellt. «So wie ich die Zürcher Staatsanwaltschaft kenne, zweifle ich nicht an deren Unabhängigkeit», sagt er.
Auf die Frage, ob die Frage der parlamentarischen Immunität Blochers an einen ausserordentlichen Staatsanwalt des Bundes übergeben soll, sagt Lauber: «Ich bin offen. Wenn das Parlament einen solchen Entscheid fällt, ist es zu akzeptieren.»
Mörgeli reicht auch Aufsichtsbeschwerde gegen Staatsanwalt Brunner ein
Anfang kommender Woche reicht Christoph Mörgeli, SVP-Nationalrat und treuer Gefolgsmann Christoph Blochers, wie angekündigt seine Aufsichtsbeschwerde gegen den Zürcher Oberstaatsanwalt Martin Bürgisser ein. Auf Nachfrage der «SonntagsZeitung» bestätigt Mörgeli nun, dass sich der Inhalt seines 16-seitigen Dokuments in ebenso grossem Umfang auch gegen Oberstaatsanwalt Andreas Brunner richtet.
Der SVP-Politiker zweifelt darin dessen Redlichkeit und Unabhängigkeit als Strafverfolger im vorliegenden Fall an. Mörgeli kommt in seiner Beschwerde auf Brunners Äusserungen bei der SF-Sendung «10 vor 10» zu sprechen. Der bei der Rechtspartei ungeliebte Brunner habe mit seinem Hinweis auf «potenziell beweisrelevantes Material» Vorverurteilungen des SVP-Übervaters Tür und Tor geöffnet. Zudem sei der Jurist durch seine private Bekanntschaft mit Oberstaatsanwalt Peter Pellegrini und dem ehemaligen Bundesanwalt Valentin Roschacher in der Causa Blocher voreingenommen. Brunner hat vergangene Woche gegenüber der SonntagsZeitung seine Befangenheit vehement abgestritten.