Story hinter dem BildDas ist Mentor mit seiner Plastikpistole
Das Bild des Roma-Jungen auf der Titelseite der «Weltwoche» sorgte letzte Woche international für Empörung. Neben mehreren Anzeigen gegen die Wochenzeitung prüft auch der Vater des Buben eine Klage.
Das Titelbild der Weltwoche mit dem Roma-Jungen hat viele empört. Es hagelte Kritik, auch international. Recherchen der «SonntagsZeitung» zeigen jetzt: Der Bub heisst Mentor M. Er ist acht Jahre alt und wohnt zusammen mit seinen Eltern und zwei Schwestern in einer Hütte in der illegalen Roma-Siedlung Ali Ibra in der kosovarischen Stadt Gjakova.
Mentor und seine Familie werden vor Ort von der Caritas Schweiz betreut. Die Hilfsorganisation startete dort im Jahr 2009 ein gross angelegtes Hilfsprojekt. Mit finanzieller Hilfe der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (Deza) und des Bundesamts für Migration (BFM) sollen für die rund 140 Roma-Familien von Ali Ibra Häuser gebaut werden. Ein Kindergarten wurde dank des Engagements des Bundes bereits realisiert. Diesen hat auch der kleine Mentor besucht, wie Vildane Minci bestätigt. Minci koordiniert das Caritas-Projekt vor Ort und besuchte die Familie am Samstagnachmittag persönlich.
Arbeitsort Abfallhalde
Die Familie des Jungen sei tief betroffen und wütend über die Berichterstattung in der «Weltwoche». Mithilfe eines deutschsprachigen Cousins konnten die Eltern den Artikel im Internet lesen. Der Vater habe Angst, dass sein Sohn nun in der Schule stigmatisiert werden könnte. Er prüfe rechtliche Schritte gegen die Verantwortlichen der «Weltwoche.» Die Pistole auf dem Bild sei nur eine Spielzeugwaffe.
Bis vor einem Jahr lebte die Familie vom Verkauf von wiederverwertbarem Müll, den sie auf der nahegelegenen Abfallhalde sammelte. Mit dem verdienten Geld kaufte sich der Vater vor kurzem eine elektrische Säge und verdient damit jetzt rund 2 Euro pro Tag. Laut Minci hat er aber Schwierigkeiten, seine Kinder durchzubringen. Zurzeit erhält die Familie noch monatlich 75 Euro Sozialgeld. Dieses wird in drei Monaten aber gestrichen.
Fotograf wusste nichts von der Verwendung seines Fotos
Der Fotograf des angeprangerten Bildes, Livio Mancini, hat nach der Publikation in der «Weltwoche» etliche Emails bekommen. Er lässt nun abklären, wie die Zeitschrift zu diesem Bild gekommen ist. «Ich habe keinen Kontakt zu diesem Magazin und keine Kontrolle darüber, in welchem Kontext sie das Bild verwendeten», sagt er gegenüber dem «Sonntag».