Kriegstouristen könnten Secondos mobilisieren

Aktualisiert

Dschihad-RückkehrerKriegstouristen könnten Secondos mobilisieren

Sicherheitsexperten warnen davor, dass Schweizer Dschihad-Heimkehrer in der Schweiz ihr Umfeld radikalisieren und sich europaweit vernetzen könnten.

von
Pascal Michel
Sorgen für Angst und Schrecken: Kämpfer der Terrororganisation Islamischer Staat.

Sorgen für Angst und Schrecken: Kämpfer der Terrororganisation Islamischer Staat.

Die Nachrichten über die Gräueltaten der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) in Syrien und im Irak reissen nicht ab. Ihren Höhepunkt erreichten sie diese Woche mit der Enthauptung eines amerikanischen Journalisten. Unter den IS-Kämpfern befinden sich laut Nachrichtendienst des Bundes auch 15 Schweizer.

Sicherheitsexperte Lorenzo Vidino warnt davor, dass diese ihre Freunde und Familie in der Schweiz mit ihrer Ideologie anstacheln könnten: «Es kann sein, dass die Rückkehrer in der Heimat als Helden gefeiert werden und so ihr Umfeld radikalisieren.» Im Krieg sei ihr Hass auf den Westen noch geschürt worden und es sei denkbar, dass sich eine Terrorzelle von europäischen Heimkehrern entwickelt, wenn beispielsweise die Kämpfer als Gruppe zurückkehrten. Laut Vidino kämpften einige hundert Männer aus Europa für die Etablierung des «islamischen Kalifats» in Syrien und im Irak. «Von solchen Terrorzellen geht eine erhebliche Gefahr aus», sagt er.

Terrorpropaganda auf Facebook

Besonders bei Secondos aus dem Balkan und der Türkei stösst die Propaganda der IS-Terroristen auf Sympathie. Auf Facebook teilen Dutzende die Propaganda-Videos des IS, die zur Vernichtung der Ungläubigen aufrufen. Secondas Plus, die wichtigste politische Organisation für Schweizer Secondos, will sich auf Anfrage von 20 Minuten zum Thema nicht äussern.

Albert Stahel, Dozent für Strategische Studien an der Universität Zürich, sieht in den Rückkehrern ein Sicherheitsrisiko: «Der Konflikt wird meiner Meinung nach durch die Waffenlieferungen aus dem Westen sehr bald eskalieren.» Das könne dazu führen, dass Dschihad-Reisende sich noch mehr radikalisieren.

«Gefahr wurde unterschätzt»

«Die Schweiz hat das Potential von Dschihad-Rückkehrern und auch die Anziehung von radikalen Gruppen wie dem IS auf junge Schweizer klar unterschätzt», sagt Stahel. Die Gefahr, die durch heimkehrende Dschihad-Reisende und ihre im Krieg erlernten Fähigkeiten ausgehen, sei erheblich. Dazu gehörten nicht nur Kenntnisse im Umgang mit «­einer Kalaschnikow, sondern auch das Bauen von Sprengfallen. Alles Fähigkeiten, die zur Ausführung eines Anschlags dienen könnten.»

Felix Endrich, Sprecher des NDB sagt, der Bund sei sich der Gefahr bewusst: «Wir warnen seit Jahren davor, dass Einzeltäter auch für die Schweiz eine Bedrohung darstellen können.» Um zu verhindern, dass sich Schweizer, die aus dem Dschihad zurückkehrten, sich mit Gesinnungsgenossen im Ausland verbünden, stehe man in intensivem Austausch mit den Nachrichtendiensten der Nachbarländer. «Das ist ein ganz zentraler Aspekt, denn Terrorismus hält sich nicht an Landesgrenzen», sagt Endrich.

Mehr Schweizer im «heiligen Krieg»

Sicherheitsexperte Stahel fordert mehr Überwachung. «Fünfzehn Schweizer Dschihad-Touristen dürfte die unterste Grenze sein, ich denke, dass weit mehr Schweizer im Dschihad kämpfen als vom Bund geschätzt.» Es brauche nun eine stärkere Beobachtung der Fluglinien, besonders in die Türkei, da dort die Mehrzahl der Dschihad-Touristen die Grenze zu Syrien überqueren.

Die Überwachung potentieller Dschihad-Touristen sei nicht einfach, sagt NDB-Sprecher Endrich. «Ohne Strafanzeige können wir niemanden an der Ausreise hindern.» Der Nachrichtendienst versuche aber, die Spur von Verdächtigen nachzuzeichnen und auch in Erfahrung zu bringen, wenn jemand wieder in die Schweiz zurückkehre: «Wir tun alles, was uns die verfügbaren Mittel erlauben.»

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