UnwetterMini-Tornados zogen über Schweizer Seen
Spektakuläre Bilder über dem Neuenburger- und dem Bielersee: Ein Funnel, eine Vorstufe einer Windhose, taucht plötzlich auf.
Spektakuläre Bilder von Trichterwolken erreichten uns aus mehreren Landesteilen. Sogenannte Funnel seien Vorstufen zu Tornados, erklärt Cédric Sütterlin von Meteonews auf Anfrage. Sie erreichen im Gegensatz zu richtigen Wasserhosen die Wasseroberflächen nicht. «Die Funnel sehen schön aus, sind aber ungefährlich. Sobald sie Land erreichen, fallen sie in sich zusammen», so Sütterlin. Funnel können sich laut dem Meteorologen bilden, wenn der See wärmer ist als die Luft.
Bereits zuvor hatte das Wetter in einigen Regionen der Schweiz verrückt gespielt. Die Schweiz ist am Montag und Dienstag von heftigen Gewittern heimgesucht worden. Der viele Regen setzte zahlreiche Keller und Strassen unter Wasser und brachte Hänge ins Rutschen. Die Situation bleibt angespannt, denn am Mittwoch wird erneut Regen erwartet.
Schwere Unwetter im Rheintal
Nachdem letzte Woche vor allem das obere Emmental von den Gewittern in Mitleidenschaft gezogen worden war, traf es dieses Mal unter anderem die Gemeinden Altstätten und Berneck im Kanton St. Gallen.
Innert kurzer Zeit hatten sich am Montagabend Wassermassen durch das Stadtzentrum von Altstätten gewälzt und Schlamm, Geröll sowie Schutt mit sich gerissen. Bis am Dienstagmorgen zählte die St. Galler Kantonspolizei in der Region um Altstätten rund 130 Einsätze der Feuerwehr, im ganzen Kanton waren es 170.
Bis zum Abend beruhigte sich die Lage um Altstätten und Berneck. Spezialisten hätten aus der Luft und am Boden eine neue Lagebeurteilung vorgenommen, teilte die Polizei mit. Die Pegel der Bäche und Flüsse waren weiter gesunken. Wegen des zähen Schlamms werden sich die Instandstellungsarbeiten aber noch hinziehen.
Ruhige Nacht in Schangnau
Aber auch das Emmental blieb nicht verschont: Nun traf es vor allem die Gegend um Sumiswald und die Region Zäziwil. Im am Donnerstag von einem Unwetter verwüsteten Schangnau verlief die Nacht auf Dienstag hingegen verhältnismässig ruhig.
Die Gebäudeversicherung Bern schätzt die Schäden auf mindestens 3 Millionen Franken - sie erhielt am Montag rund 100 Schadensmeldungen aus dem Emmental. Schon die Unwetter von letzter Woche hatten im oberen Emmental Schäden von rund 4 Millionen Franken hinterlassen.
Viele Schadensmeldungen in Luzern
Im Kanton Luzern waren vor allem die Napfregion und das Gebiet Sempachersee von den Gewittern betroffen. 22 Feuerwehren mit 700 Personen standen im Kanton im Einsatz. Bis Dienstagnachmittag gingen rund 150 Schadensmeldungen ein.
Besonders betroffen waren die Gemeinden Schüpfheim sowie Nottwil. Auch aus Menznau, Luthern und Willisau gab es viele Meldungen. Die Unwetter dürften gemäss der Gebäudeversicherung Luzern Gebäudeschäden von über einer Million Franken angerichtet haben.
Dutzende Keller und Gebäude standen unter Wasser. In Hofstatt wurden zwei Sägereien überflutet. In einem Stall in Nottwil verendeten rund 30 Ferkel in den Wassermassen.
Sand und Geröll auf Bahnstrecke in Luzern
Die Unwetter beschädigten auch Strassen und Schienen. Beispielsweise war auf der Bahnstrecke Luzern - Olten war der Abschnitt zwischen Sempach-Neuenkirch und Nottwil stundenlang unterbrochen, weil die Gleise von Sand und Geröll geräumt werden mussten.
Der Kanton Zürich kam im Vergleich zu andern Regionen glimpflich davon: Insgesamt verzeichnete Schutz & Rettung Zürich zwischen Montagabend und Dienstagmorgen 80 Feuerwehreinsätze. Diese konzentrierten sich vor allem auf das linke Zürichseeufer und das Zürcher Oberland.
Niederschlagsrekord für Monat Juli
Bereits vor Monatsende ist klar, dass der diesjährige Juli aussergewöhnlich nass war. An Messstationen im Wallis, im Jura und an den westlichen Voralpen wurden die grössten Niederschlagsmengen seit Beginn der Aufzeichnungen registriert - auf dem Moléson im Kanton Freiburg fiel beispielsweise rund viermal so viel Regen wie üblich.
Die nasse Witterung hat auch Folgen für die Landwirtschaft: 20 bis 30 Prozent der bisherigen Weizenernte ist von schlechter Qualität und eignet sich nur noch für die Futterproduktion - etwa 30 bis 40 Prozent der Ernte ist bis jetzt eingefahren. Einen so hoher Anteil von minderwertigem Weizen gibt es gemäss der Branchenorganisation Swiss Granum etwa alle zehn Jahre.
Gefahr nicht vorbei
Zwischen Mittwochmittag und Donnerstagmittag dürften am Alpennordhang weitere 20 bis 40 Millimeter Regen fallen, wie Meteorologe Bernd Konantz von MeteoSchweiz sagte. Auf der Alpensüdseite regnete es auch am Dienstagnachmittag noch stark.
Somit ist die Gefahr von Überschwemmungen nicht gebannt; für die meisten Schweizer Flüsse gilt zurzeit laut dem Bundesamt für Umwelt eine mässige Hochwassergefahr. Die Pegel der Seen sind ebenfalls sehr hoch, am Bielersee warnten die Behörden die Bevölkerung am Dienstagmorgen vor einem möglichen Hochwasser.
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Zum Liveticker im Popup (dia/sda)