Entsetzen über höhere Handystrahlen-Grenzwerte

Aktualisiert

«Das gibt einen Aufstand»Entsetzen über höhere Handystrahlen-Grenzwerte

Der Weg ist frei für höhere Strahlenschutz-Grenzwerte: Jetzt machen Strahlengegner dagegen mobil. Befürworter warnen: Ohne Ausbau sei der Wohlstand bedroht.

G. Brönnimann
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G. Brönnimann
Zwei Arbeiter an einer Handy-Antenne: Der Weg ist frei für eine Steigerung der Kapazität der einzelnen Sendeanlagen in der Schweiz. Doch es regt sich Widerstand.

Zwei Arbeiter an einer Handy-Antenne: Der Weg ist frei für eine Steigerung der Kapazität der einzelnen Sendeanlagen in der Schweiz. Doch es regt sich Widerstand.

Das Schweizer Mobilfunknetz ist nahezu ausgelastet. Der Bundesrat schliesst eine Lockerung der Strahlenschutz-Grenzwerte nicht mehr aus: Die Strahlenbelastung im Einflussbereich einer Anlage soll maximal um den Faktor 3,5 steigen.

Doch die Strahlengegner wollen dies verhindern. Hans-Ulrich Jakob von der Schweizerischen Interessengemeinschaft Elektrosmog-Betroffener Gigaherz sagt: «Das gibt noch einen Volksaufstand! Es ist immer dasselbe: Die Grenzwerte werden dahin verschoben, wo die Industrie sie haben will.» Das letzte Wort sei noch nicht gesprochen: «Dieses hat das Volk.»

Parlamentarier gegen stärkere Strahlung

Doch auch im Parlament gibt es Strahlenkritiker: «Man weiss ja, dass länger telefonieren nicht gut ist, vor allem für kleine Kinder», sagt SVP-Nationalrätin Andrea Geissbühler. Sie fügt an: «Krankheiten und Hirnschädigungen sind nicht auszuschliessen.»

SP-Nationalrätin Margret Kiener Nellen sagt: «Ich werde mich gegen jede Erhöhung zur Wehr setzen. Es gibt elektrosensible Menschen, aber noch gibt es keine Studien über die Langzeitschäden der bisherigen Handygeneration.» Auch bei Kindern, die mit Handys spielen, wisse man nichts über mögliche Gesundheitsschäden.

Auch manche Wissenschaftler mahnen

Professor Michael Hässig vom Tierspital Zürich hat die Wirkung von Handystrahlen auf Kühe in einer Studie untersucht. Er sagt: «Ich bin gegen eine Erhöhung der Grenzwerte.» Dies, weil man die Auswirkungen der neuen Technologien noch nicht genau kenne und weil «nicht energetische Einflüsse wie Pulsation und Resonanzphänomene zu wenig untersucht» seien.

Yvonne Gilli, Nationalrätin der Grünen und Mitglied des Vereins Ärztinnen und Ärzte für Umweltschutz aefu, sagt: «Die Aefu wehrt sich entschlossen gegen eine Lockerung der Anlagegrenzwerte.» Diese stünden im Widerspruch zur Schweizerischen Umweltschutzgesetzgebung, die den Vorsorgegrenzwert kenne. Laut Gilli ist die Bevölkerung einem «gigantischen Feldversuch ausgesetzt» – dabei sei Handy-Strahlung laut Weltgesundheitsorganisation WHO «möglicherweise krebserregend». Als Hausärztin könne sie keine Entwarnung geben.

«Ohne Kommunikation kein Wohlstand»

Ob die kritischen Stimmen in Parlament und Bevölkerung überwiegen, ist nicht sicher. Nach einer Erhöhung der Sendekapazität um den Faktor 3,5 wäre die Strahlenbelastung in der Schweiz noch immer tiefer als in den meisten Nachbarländern: Derzeit ist der Schweizer Grenzwert rund zehnmal tiefer als in Deutschland oder Österreich. «Erstens besteht bis heute kein Beweis für die Schädlichkeit der Handystrahlung», sagt FDP-Nationalrat Christian Wasserfallen, «und zweitens lassen verbesserte Strahlungsgrenzwerte eine bessere Mobilfunkversorgung zu.» Wasserfallen: «Das Schöne daran ist, dass die Strahlenbelastung aufgrund besserer Abdeckung damit sogar noch sinkt.»

FDP-Nationalrat Ruedi Noser sagt: «Wenn wir den Wohlstand in der Schweiz erhalten wollen, braucht es Kommunikation. Und die muss leistungsfähig sein und bleiben.» Er warnt: «Wenn wir da nicht mit der Zeit gehen, geht der Wohlstand verloren.» Bei Handyantennen seien noch nie negative Auswirkungen auf die Gesundheit nachgewiesen worden – «wenn schon, dann sind Handys am Ohr ein potenzielles Problem».

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