Blochers PläneFünf Millionen Franken für die Anti-EU-Schlacht
Nach seinem Rücktritt aus dem Parlament will sich SVP-Vize Christoph Blocher vor allem gegen eine Einbindung in die EU engagieren. Mit einer 30'000 Mann starken Truppe und einem Millionen-Budget.

Parlamentsreform und gegen die bundesrätliche Europapolitik: Christoph Blocher will sein Engagement verstärken.
Am Freitag liess Christoph Blocher die Bombe platzen. Per Ende Mai hat der SVP-Stratege seinen Rücktritt aus dem Nationalrat erklärt. In einem ersten Interview, das er kurz nach seiner überraschenden Erklärung «20 Minuten» gab, machte der Unternehmer deutlich, dass er seine politische Arbeit in den entscheidenden Dossiers in der Zukunft noch verstärken möchte und wo er seine thematischen Prioritäten setzen will. «Der Kampf gegen einen schleichenden EU-Beitritt ist das Wichtigste», so Blocher im Gespräch.
Dass es Blocher ernst meint mit dem Kampf gegen eine weitere Annäherung an die EU, unterstrich er am Wochenende gleich nochmals im Interview mit der «SonntagsZeitung». Der SVP-Vize ist dabei, seine neu gegründete Organisation EU-No zu einer Kampftruppe mit 30'000 Mitgliedern auszubauen und plant, darüber alle EU-kritischen Kräfte von Auns bis SVP zu steuern. Zudem macht er bereits ein Budget für die kommende EU-Abstimmung bereit: «Ich rechne mit vier bis fünf Millionen Franken», so Blocher gegenüber der Zeitung.
Wenn die Spenden nicht genügten, werde er notfalls den Grossteil aus der eigenen Tasche bezahlen. Der Anti-EU-Vordenker will die Schweiz mit einer Kampagnen-Lawine überziehen, in der er den drohenden EU-Beitritt an die Wand malt. Obwohl eine Abstimmung über eine institutionellen Anbindung an die EU und eine allfällige Revision der Bestimmungen der Masseneinwanderungsinitiative erst in zwei Jahren zu erwarten ist, will Blocher bereits im Juni mit ersten Veranstaltungen die Abstimmungs-Schlacht eröffnen.
Noch keine Rezepte bei den Gegnern
Mit dieser frühzeitigen Lancierung der Kampagne erwischt Blocher die Befürworter des Bilateralismus auf dem falschen Fuss. Quer durch die Parteien, von der FDP bis zur SP und auch in den Wirtschaftsverbänden, gibt es noch keinerlei strategische und organisatorische Pläne zur unausweichlich kommenden Ausmarchung. Abwarten hies es unisono bei Economiesuisse, den Sozialdemokraten und bei den Freisinnigen. Noch hat man keine konkreten Vorstellungen, wie man die Behauptung von Christoph Blocher kontern will, es gehe nächstens nur noch um die Frage EU-Beitritt ja oder nein.
Zudem gibt es derzeit bei den Parteien keinerlei Bereitschaft, die Debatte über den Entscheid vom 9. Mai wieder aufzunehmen. Einzig die Neue Europäische Bewegung Schweiz, kurz NEBS, will sich der Debatte stellen. Sie hegt Pläne, die Verfassungsbestimmungen der Masseneinwanderungsinitiative zu revidieren. Die Pro-Europäer wollen einen Europartikel in der Verfassung verankern. Dieser könnte festlegen, dass die Schweiz die Beziehungen zur EU weiterführt und vertieft sowie die Verletzung der Personenfreizügigkeit mit der EU verhindert.
Parlamentsreform
Aber nicht nur die EU, auch der Parlamentsbetrieb ist Christoph Blocher an Dorn im Auge. Mit einer neuen Volksinitiative will der 73-Jährige das Parlament umbauen und den National- und Ständeräten die Bezüge drastisch kürzen. «Man muss die Entschädigungen auf höchstens einen Drittel eines guten Jahressalärs – sagen wir 50'000 Franken Jahresfixum – beschränken und die Sitzungsgelder abschaffen», sagt Blocher im Interview.
Zudem hat es Blocher auf die Kommissionen abgesehen. «Die ständigen Kommissionen mit Ausnahme der Finanzkommission müssen verschwinden und durch Ad-hoc-Kommissionen für konkrete Vorlagen ersetzt werden.» Diese würden sich nach der Beratung über ein Geschäft wieder auflösen. «Dann wird sich das Parlament selber disziplinieren», ist Blocher überzeugt. Schon vor einer Parlamentsreform von 1991 tagten die Kommissionen nach Blochers Vorstellung.
Entschädigungen für Parlamentarier erhöht
Mit dem früheren System dauerten die Sitzungen oft nur ein bis zwei Stunden, trotzdem hätten die Parlamentarier ein ganzes Taggeld kassiert, sagt Ruth Lüthi von den Parlamentsdiensten: «Das heutige System ist deshalb effizienter.» Auch Blochers Vorwurf, dass die Parlamentarier immer länger tagen, lässt sich nicht erhärten. Seit den 70er Jahren liegt die Zahl der Parlamentstage konstant zwischen 50 und 60 pro Jahr. Auch die Anzahl der Kommissionstage ist seit den 90er Jahren weitgehend stabil. Dafür wurden die Entschädigungen für Parlamentarier in den letzten Jahren mehrmals erhöht. Zuletzt gönnten sich die Parlamentarier 2012 eine Lohnerhöhung von 1000 Franken pro Jahr.
Gemäss Angaben der Parlamentsdienste verdienten die 200 Nationalrätinnen und Nationalräte 2013 im Schnitt pro Kopf 138'108 Franken, die 46 Mitglieder des Ständerats kamen auf je 155'571 Franken. Die Löhne variieren nach Anzahl der Kommissionssitzungen. Ständeräte sind nicht selten in vier bis fünf Kommissionen gleichzeitig und können im Extremfall mit ihrer Kommissionsarbeit Gelder von über 20'000 Franken jährlich verdienen.