Genfer Schüler dürfen nicht über Jesus singen

Aktualisiert

«Arche Noah»-Oper versenktGenfer Schüler dürfen nicht über Jesus singen

Das Genfer Kammerorchester wollte die Kinderoper «Noahs Sintflut» von Benjamin Britten aufführen. Doch die Regierung kennt kein Pardon – aus religiösen Gründen.

von
Jérome Faas
Ein Nachbau der Arche Noah in Dordrecht, Niederlande: Hier haben Schulkinder Zutritt. (Symbolbild)

Ein Nachbau der Arche Noah in Dordrecht, Niederlande: Hier haben Schulkinder Zutritt. (Symbolbild)

«Ein Verstoss gegen das Prinzip der Religionsneutralität» – so lautet das Urteil der Direktion des Bildungsdepartements, das damit ein Projekt des Genfer Kammerorchesters (OCR) im Keim erstickte. Schon im Februar hatte Genf eine Zusammenarbeit an der Produktion von «Noahs Sintflut» («Noye's Fludde», 1958), der Oper von und für Kinder des Engländers Benjamin Britten, ausgeschlossen.

Die Oper mit dem biblischen Thema animiert Kinder und Publikum zum Singen, begleitet von einem Orchester. Viele Verse sind religiös konnotiert: So gibt es auch Gebete wie «Herr Jesus, erbarme dich meiner und erlöse mich von meinen Sünden.»

Hartes Amt, bittere Lehrer

Das Bildungsdepartement bezog sich auf Artikel 15 der Schweizerischen Bundesverfassung: «Niemand darf gezwungen werden, einer Religionsgemeinschaft beizutreten oder

anzugehören, eine religiöse Handlung vorzunehmen oder religiösem Unterricht zu folgen.» Das Departement präzisierte: Zugang haben zu einem Werk, sicherlich, teilnehmen aber nicht, denn, «die Teilnehmenden sind zudem sehr jung, und dies erlaubt es ihnen nicht, in Fragen des Glaubens gefestigt zu sein.»

Zwei ehemalige Lehrer finden das gar nicht gut. «Das ist präventive Zensur», poltert Jean Romain (FDP). «Wenn man diese Idee weiterverfolgt, kann man nicht einmal ‹Notre-Dame de Paris› von Victor Hugo studieren. So wird unsere Kultur amputiert.» Der Grüne Jean-Michel Bugnion hält das Verbot für «unverhältnismässig». «Die Kultur ist stark religiös», meint er. «Laizität, die religiöse Neutralität des Staates, sollte bedeuten, dass alle Religionen gleichberechtigt stattfinden dürfen, nicht, dass man sie aussperrt.»

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