Auch in der SchweizGenug vom Islam – Flüchtlinge konvertieren
Die Zahl der muslimischen Flüchtlinge, die zum Christentum konvertieren, steigt. Besonders viele treten einer Freikirche bei.
In Deutschland erhalten die sonst unter Mitgliederschwund leidenden Landeskirchen Zuwachs: Seit 2014 schworen mehr als 2000 Muslime ihrem Glauben ab und konvertierten zum Christentum, wie die «Welt» berichtete. In der Schweiz führen die Landeskirchen keine Statistik darüber, wie viele Flüchtlinge sich im vergangenen Jahr taufen liessen – das Phänomen ist jedoch auch hierzulande bekannt.
Die Beratungsstelle für Integrations- und Religionsfragen (BIR) stellt fest, dass die Zahl der muslimischen Flüchtlinge, die zum Christentum übertreten, im Zuge der Flüchtlingskrise zunimmt. «In den letzten Monaten wurde uns vorwiegend von Afghanen und Kurden berichtet, die unter den Konvertiten sind», sagt Koordinatorin Kathrin Anliker. Einerseits könne deren Hinwendung zum Christentum damit zu tun haben, dass in ihren Heimatländern eine radikale Auslegung des Islams herrsche, die Bevölkerung dadurch desillusioniert sei und sich anderen Weltbildern öffne. «Andererseits kann es auch sein, dass einige, die sich jetzt in der Schweiz taufen lassen, ihren christlichen Glauben in der Heimat verdeckt ausgeübt hatten.»
Viele Konversionen in Freikirchen
Philippe Dätwyler von der reformierten Landeskirche Zürich beobachtet zudem, dass besonders viele Übertritte zum Christentum in Freikirchen stattfinden. «Die starke Frömmigkeit und die familiäre Atmosphäre, die in den Freikirchen herrschen, entsprechen den Bedürfnissen der Konvertiten wohl eher als die etwas unverbindlichen Landeskirchen», sagt Dätwyler.
In Zürich betreibt etwa die Freie Evangelische Gemeinde (FEG) eigene Gottesdienste für Iraner und Afghanen, die von einem persischen Pastor geleitet werden. Laut Armin Mauerhofer, Pfarrer der FEG, nehmen jeweils 60 Leute an den Gottesdiensten teil. «Laufend kommen Flüchtlinge, die der Gemeinschaft beitreten wollen», sagt Mauerhofer. Er ist überzeugt, dass die Freikirchen den Asylsuchenden den christlichen Glauben näherbringen sollten. Dazu lässt er seine eigenen Predigten auf Persisch übersetzen.
Bessere Chancen auf Asyl durch Glaubenswechsel?
BIR-Koordinatorin Kathrin Anliker unterscheidet bei den Konvertiten drei Motive: Erstens gebe es Flüchtlinge, die ehrlich und aus persönlicher Überzeugung Christen werden. Zweitens beobachtet Anliker auch Fälle, in denen sich Flüchtlinge für die Kirche interessieren, um Hilfe oder Zugang zur Gesellschaft zu erhalten. Es seien auch Einzelfälle bekannt, in denen Flüchtlinge die Illusion hätten, mit einem Übertritt zum Christentum bessere Chancen im Asylverfahren zu haben.
Léa Wertheimer, Sprecherin des Staatsekretariats für Migration, betont, dass es beim Aufnahmeentscheid keine Rolle spielt, ob eine Konversion zum Christentum stattgefunden hat: «Wir prüfen immer im Einzelfall, ob jemand gemäss Gesetz Asyl erhält oder nicht.»
Die Beratungsstelle für Integrations- und Religionsfragen rät den Kirchen, jede Taufe eines Asylsuchenden sorgfältig zu prüfen, um die wahren Gründe für den Glaubenswechsel zu erfassen. «Wenn es jemandem nur um den Taufschein geht, sollten die Kirchen zurückhaltend sein», sagt Kathrin Anliker, wobei solche Fälle Ausnahmen seien. Das Ziel des Gesprächs müsse sein, die Vorgeschichte der Person nachzeichnen zu können. «Dabei geht es nicht darum, ein polizeiliches Verhör zu führen, sondern darum, die Motivation für den christlichen Glauben zu spüren.»
Im Asylheim werden Konvertiten bedroht
Diese Ansicht teilt Simon Spengler von der katholischen Landeskirche Zürich: «Ein Übertritt zum Christentum auf die billige Tour ist nicht sinnvoll.» Zuerst müssten die Interessenten mehrere Monate in den Religionsunterricht und am Gemeindeleben teilnehmen. «Nur so kann sich die Kirche sicher sein, dass der Wunsch, getauft zu werden, auch ernst gemeint ist», sagt Spengler.
Doch der Übertritt zum Christentum kann für die Asylsuchenden auch zu Problemen führen. «In Asylzentren, wo die Mehrheit der Flüchtlinge Muslime sind, besteht die Gefahr, dass Konvertiten von ihren Landsleuten als ‹vom Glauben Abgefallene› angesehen und darum bedrängt und bedroht werden», sagt Anliker. Philippe Dätwyler von der reformierten Landeskirche Zürich: «Flüchtlinge, die zum Christentum übertreten wollen, müssen unbedingt auch auf die Gefahren hingewiesen werden.» Eine Konversion müsse sehr sorgfältig überlegt sein, denn sie könne zu massiven Familienkonflikten führen und eine allfällige Rückkehr in das islamische Heimatland könne sehr gefährlich sein.