Falsche ErbschaftenInternet-Betrüger zocken Trauernde ab
Die Betrugsmaschen der Internet-Kriminellen nehmen morbide Züge an: Von Hinterbliebenen verlangen sie Vorauszahlungen für angebliche Erbschaften ihrer verstorbenen Angehörigen.

Mit diesem Schreiben verlangten Betrüger von einem Franzosen eine Vorauszahlung für die Lebensversicherung seines verstorbenen Vaters.
Nach dem Tod seines Vaters erhielt ein Franzose ein Schreiben der fingierten Aktiengesellschaft Ficodec mit Sitz in Genf. Darin wurde ihm mitgeteilt, dass er Geld aus der Lebensversicherung des Verstorbenen erhalte. Um die Erbschaft auszulösen, müsse er aber zuerst 3945.39 Euro überweisen. Dazu sollte er der Firma innert sieben Monaten Kopien offizieller Dokumente zusenden. Auf telefonische Nachfrage wurde dem Trauernden gesagt, er erhalte bis zur Überweisung keine weiteren Auskünfte.
«Dabei handelt es sich ganz klar um einen Vorschussbetrug», sagt Martin Boess, Geschäftsleiter der Schweizerischen Kriminalprävention (SKP). Diese publizierte den Fall am Donnerstag in einem Blog-Eintrag. «Es ist eine bekannte Betrugsart, die aber immer wieder in anderer Form daher kommt.» Dass gezielt Hinterbliebene ins Visier genommen werden, habe er aber noch nie erlebt.
Trauernde handeln unvorsichtiger
«Die Betrüger schauen sich die Todesanzeigen an und kontaktieren dann die Hinterbliebenen», erklärt Boess. Diese seien aufgrund ihrer Trauer besonders anfällig für Betrugsversuche. «Sie befinden sich in einer speziellen Stresssituation, in der sie unvorsichtiger handeln und Anzeichen für einen Betrug weniger gut erkennen.»
Erbschaften würden zwar durchaus auch von privaten Firmen ausgelöst. «Seriöse Unternehmen verlangen aber nie eine Vorauszahlung», sagt Boess. Verdächtig sei auch, dass die fingierte Firma telefonisch die Auskunft verweigert habe. Mit einem angeblichen Firmensitz in der Schweiz würden Betrüger zudem versuchen, den Anschein von Seriosität zu erwecken. Eine kurze Google-Suche oder einen Blick ins Handelsregister zeige aber schnell, ob die Angaben auch stimmten.
Betrug häufigster Fall von Internet-Kriminalität
«Auf solche Schreiben reagiert man am besten gar nicht», sagt Boess. Eine Anzeige bringe wenig, da die Betrüger nur schwer ausfindig zu machen seien. «Hat man aber bereits Geld überwiesen, muss umgehend die Polizei informiert werden.» Bei der Koordinationsstelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität (Kobik) waren im Jahr 2013 gut 9200 Meldungen eingegangen, rund 24 Prozent davon betrafen Betrugsfälle. Das sind über elf Prozent mehr Fälle als im Vorjahr.
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