E-VotingLinke und Rechte sehen Demokratie in Gefahr
Vier junge Nationalräte von links bis rechts wollen den Bundesrat zu mehr Vorsicht beim E-Voting zwingen. Sie warnen vor gefährlichen Experimenten.

Der Bundesrat macht Tempo beim Thema E-Voting. Der Grüne Balthasar Glättli will im Verbund mit Nationalräten von anderen Parteien für mehr Sicherheit und Transparenz sorgen.
Eine ungewöhnliche Koalition von jungen Politikern macht gegen die bundesrätlichen Ausbaupläne beim E-Voting mobil. Die Nationalräte Balthasar Glättli (Grüne), Lukas Reimann (SVP), Jean-Christophe Schwaab (SP) und Isabelle Chevalley (Grünliberale), allesamt jüngere Politiker, die mit dem Gebrauch des Internets vertraut sind, warnten letzte Woche vor «gefährlichen Experimenten» bei der elektronischen Stimmagabe.
Die vier Parlamentarier werden in der laufenden Herbstsession zwei Motionen zum Thema E-Voting einreichen, wie sie am Montagnachmittag an einer gemeinsamen Pressekonferenz verkündeten. Sie wollen Bund und Kantone zu höheren Sicherheitsstandards zwingen und die Ausdehnung des E-Votings auf die Hälfte aller Stimmberechtigten stoppen. Der Bundesrat möchte den Kantonen ab Anfang 2014 erlauben, bis zu 50 Prozent der Stimmberechtigten die Möglichkeit zur elektronischen Stimmabgabe zu geben.
«Missbräuche sind nicht ausgeschlossen»
Die Sicherheit sei «zurzeit offensichtlich nicht gewährleistet», schreibt Schwaab in der Begründung seiner Motion. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass Missbräuche stattfänden. So widerspreche der Bundesrat seinem eigenen Motto beim E-Voting, wonach «Sicherheit vor Tempo» kommen solle.
Glättli will mit seiner Motion sicherstellen, dass keine veralteten E-Voting-Systeme der ersten Generation mehr zum Einsatz kommen. Er verweist darauf, dass es kürzlich einem Hacker gelungen sei, ins E-Voting-System des Kantons Genf einzudringen und seine Stimme im Nachhinein zu ändern. Da das Genfer System erst im neuen Jahr einer Prüfung unterzogen wird, sei es denkbar, dass 2014 – nach Ausdehnung des E-Votings – eine grosse Anzahl der abgegebenen Stimmen einer Manipulation ausgesetzt seien, befürchtet er.
Geldprämie für Hacker?
«Wir glauben, dass das Vertrauen in die Demokratie essenziell ist», sagt Glättli. Deshalb müssten E-Voting-Systeme auf dem neusten Stand der Technik sein. Es müsse garantiert werden, dass die Stimmberechtigten über einen nicht manipulierbaren Kanal ein Feedback bekommen, ob ihre Stimme richtig übermittelt und gezählt wurde. Dies sei bei den E-Voting-Systemen der ersten Generation nicht gewährleistet. In Zukunft sollen nur Systeme zum Einsatz kommen, die für den Stimmbürger eine nachvollziehbare Bestätigung liefern können.
Glättli weist darauf hin, dass den staatlichen Stellen im Vergleich zu den Banken nur ein Bruchteil der personellen und finanziellen Ressourcen für Datensicherheit zur Verfügung stünde. Deshalb müsse man dafür sorgen, dass auch externe Fachleute mithelfen, allfällige Sicherheitslücken aufzudecken. Der Quellcode der verwendeten Systeme müsse vollständig offen gelegt werden, also dem Open-Source-Ansatz unterstellt werden. «Vermeintliche Sicherheit schaffen, indem man die Öffentlichkeit im Dunkeln belässt, ist hier nicht angebracht», kritisiert Glättli das bisherige Vorgehen der Behörden. Er kann sich vorstellen, einen Wettbewerb zu lancieren. Hacker und Informatikspezialisten könnten ihr Fachwissen einbringen um Sicherheitslücken aufzudecken. Dem Gewinner winkte eine Geldsumme.
«Risiken berücksichtigt»
Unterstützung erhalten sie von der Piratenpartei. Deren Sprecher Denis Simonet erklärt, die Piraten würden sich gegen den zurzeit eingeschlagenen Weg zur Wehr setzen. Letztlich sei nichts so sicher und transparent wie eine Urnenwahl. Wenn man schon auf die elektronische Stimmabgabe setze, müsse man gewährleisten, dass die Systeme ein Maximum an Sicherheit bieten. »Die zurzeit eingesetzten Lösungen sind sehr unsicher», warnt Simonet.
Thomas Abegglen, Sprecher der Bundeskanzlei, hält fest, dass die Limiten für die Beteiligung an E-Voting erst erhöht werden, wenn die Systeme die höheren Anforderungen an die Sicherheit erfüllt hätten. Der Bundesrat habe beim Entwickeln seiner Strategie die Chancen, aber selbstverständlich auch die Risiken berücksichtigt, betont er.