MRI-Patienten mit religiöser Musik beschallt

Aktualisiert

Gott in der RöhreMRI-Patienten mit religiöser Musik beschallt

Eine Röntgenassistentin des Unispitals Zürich wollte ihren Patienten einen «Denkanstoss» geben und versorgte sie während der MRI-Behandlung ungefragt mit christlicher Musik. Patientenschutz und Freidenker sind empört.

S. Marty
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S. Marty
In so einer Röhre wurden Patienten mit christlicher Musik beschallt. (Symbolbild)

In so einer Röhre wurden Patienten mit christlicher Musik beschallt. (Symbolbild)

«Where is my god?» Wo ist mein Gott?, singt eine Frauenstimme auf dem christlichen Radiosender Life Channel. Mit solchen Songinhalten und Radiobeiträgen wie «Was mir Gott verspricht: Versöhnung mit Gott» wollte eine Röntgenassistentin des Universitätsspitals Zürich ihren Patienten nach eigenen Aussagen einen «Denkanstoss geben». Weil die Magnet-Resonanz-Tomographie-Behandlung in der so genannten Röhre äusserst laut sei, erhalten alle Patienten laut der jungen Frau einen Kopfhörer mit Musik aufgesetzt.

Ganz nach dem Motto «Wer selbst keine Musikpräferenzen hat, bekommt zu hören, was der Mitarbeiterin gefällt» entschied sie sich bei ihren Patienten für den christlichen Sender: «Bei Patienten, bei denen ich das Gefühl hatte, es würde ihnen gut tun, habe ich während der rund 30- bis 45-minütigen Behandlung Life Channel laufen lassen. Das Radioprogramm vermittelt christliche Werte, hinter denen ich absolut stehe», erklärt sie ihr Handeln.

Dass sie die Patienten zuvor nicht über den Inhalt des Programms informierte, hält sie selbst für unproblematisch: «Ich wollte niemandem etwas aufzwingen.»

«Religionsfreiheit missachtet»

Dies sieht die Freidenker-Vereinigung der Schweiz anders. «Wenn eine Person gezielt einem religiösen Programm ausgesetzt wird, ist dies eine klare Missachtung der Religionsfreiheit», empört sich Geschäftsführerin Reta Caspar. In einem Spital, wo erfahrungsgemäss auch viele Gläubige arbeiten, brauche es klare Regeln: «Es kann doch nicht sein, dass eine Mitarbeiterin bei ihrer Arbeit missioniert.» Caspar verlangt, dass Patienten künftig darauf aufmerksam gemacht werden, was sie zu hören bekommen.

Patientenschützerin Margrit Kessler nimmt jedoch auch die Patienten in die Pflicht: «Klar kann man dieses Radio nicht einfach so einstellen. Das geht nicht. Patienten hätten sich jedoch auch bei der Spitalverwaltung oder beim Patientenschutz melden sollen.»

Spitalleitung wusste von nichts

Beim Unispital Zürich sind bis jetzt allerdings keine Beschwerden eingegangen. Das Spital wusste bis heute nichts von der aussergewöhnlichen Radiowahl der Röntgenassistentin: «Dass eine Mitarbeiterin den Sender Life Channel eingestellt hat, wenn die Patienten keine speziellen Wünsche geäussert haben, war uns nicht bekannt», so Sprecherin Barbara Beccaro.

Der aktuelle Fall soll sich jedoch nicht wiederholen. Beccaro: «Die Verantwortlichen werden ihre Mitarbeitenden instruieren, dass diese in Zukunft bei Patienten, die keinen expliziten Wunsch äussern, lediglich Kanäle einschalten, die keine weltanschauliche Haltung vertreten.»

Die Mitarbeiterin selbst zeigte sich nach dem Gespräch mit den Verantwortlichen denn auch einsichtig und versprach, Life Channel in Zukunft nur noch privat einzuschalten.

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