Abgelehntes AsylgesuchMarokkaner per Schiff zwangsausgeschafft
Weil sich ein Marokkaner mit allen Mitteln gegen seine Ausschaffung wehrte, musste Zwang angewandt werden. Er wurde per Linienschiff in seine Heimat zurückgebracht.

Zwangsausschaffungen finden in der Schweiz in der Regel per Sonderflug statt. Jetzt wurde aber erstmals ein abgewiesener Asylbewerber per Schiff zwangsausgeschafft.
Wer aus Marokko in die Schweiz kommt und ein Asylgesuch stellt, hat keine grossen Chancen, angenommen zu werden. Denn die Anerkennungsquote marokkanischer Asylsuchender in der Schweiz schwankt zwischen null und einem Prozent. Das heisst, dass praktisch alle Gesuchsteller wieder ins nordafrikanische Land zurückkehren müssen. Doch dies geschieht nicht immer widerstandslos.
Das zeigt auch der Fall eines Marokkaners, der die Schweiz letztes Jahr verlassen musste. Obwohl ihm mehrmals ein Flugticket gekauft worden war, weigerte er sich mit allen Mitteln, nach Nordafrika zurückzukehren. So blieb nur noch die Zwangsausschaffung. Dafür wird in der Regel speziell ein Flugzeug gechartert. Doch Marokko lässt solche Sonderflüge nicht zu.
«Ausschaffung per Schiff ist hoch problematisch»
Deshalb musste das Staatssekretariats für Migration (SEM) eine andere Lösung finden, wie die «NZZ am Sonntag» schreibt. So wurde der abgewiesene Asylsuchende zuerst mit einem Sonderflug nach Südfrankreich geflogen und danach auf einem Linienschiff weiter nach Marokko gebracht. Es war das erste Mal, dass eine Zwangsausschaffung aus der Schweiz per Schiff durchgeführt wurde. SEM-Sprecher Martin Reichlin spricht von einem «Pilotversuch». Die Rückschaffung sei erfolgreich verlaufen und es sei nicht ausgeschlossen, dass es in Zukunft weitere Rückschaffungen nach Marokko auf dem Seeweg gibt. «Diese werden aber voraussichtlich die Ausnahme bleiben.» Doch die erfolgreiche Ausschaffung war auch eine sehr aufwendige. So begleiteten Schweizer Polizisten den Mann während der gesamten Rückschaffung – also auch während der dreissigstündigen Schiffsfahrt von Frankreich nach Marokko.
Kritik an der Ausschaffung per Schiff kommt von Amnesty International. Denn die Zwangsausschaffung auf dem Seeweg wird nicht von der Nationalen Kommission zur Verhütung von Folter (NKVF) überwacht. Diese überprüft seit Mitte 2012 alle Zwangsausschaffungen per Sonderflug. «Die Ausschaffung von renitenten abgewiesenen Asylsuchenden per Schiff ist hoch problematisch», sagt Denise Graf von Amnesty. «Die NKVF muss sich ein Bild vom genauen Ablauf und den genauen Bedingungen dieser Rückführungen machen.»
Über 40 Sonderflüge
Das Staatssekretariat für Migration hat 2014 mit 41 Sonderflügen 252 Ausländer ausgeschafft. 16 Flüge gingen nach Afrika, 15 in einen europäischen Staat und 10 nach Asien. 2013 hatte die Zahl der Zwangsausschaffungen per Flugzeug 38 betragen, 2012 noch 36. Letztes Jahr gab das SEM für diese Rückführungen rund 2,8 Millionen Franken aus. Der Aufwand des Bundes für das gesamte Asylwesen beläuft sich allerdings auf gegen eine Milliarde Franken.