Ausländer, AHV, BudgetMit diesen 7 Prognosen lag der Bund massiv daneben
Der Bundesrat steht wegen fehlerhafter Berichte in der Kritik. Wir zeigen die grössten Patzer des Bundes auf.
Die Eidgenössische Finanzkontrolle (EFK) rüffelt den Bundesrat: Die finanziellen Folgen von Gesetzen würden häufig nicht sorgfältig genug untersucht. Fast jede dritte Einschätzung fiel durch. So lag der Bund etwa bei Kosten für die Familienabzüge, die Entwicklungshilfe und das Bundespersonal daneben.
Doch das sind nicht die einzigen Fehleinschätzungen des Bundes. Auch in diesen sieben Punkten sieht die Realität anders aus, als es vom Bund vorhergesehen wurde:
Personenfreizügigkeit: 7-mal mehr Ausländer
«Wie die Erfahrungen in der EU zeigen, sind die Ängste, die Einwanderung aus EU-Staaten werde stark zunehmen, nicht begründet», schrieb der Bundesrat 2000 im Abstimmungsbüchlein zu den Bilateralen I. Er ging damals von einer zusätzlichen jährlichen Zuwanderung aus der EU von 8000 bis 10'000 Menschen aus. Effektiv kamen bis zu 60'000 zusätzliche Einwanderer pro Jahr – eine Fehleinschätzung um mehr als das das Siebenfache.
AHV: Milliardengewinn statt -verlust
Die Prognosen des Bundesrats zur Finanzierung der Altersvorsorge waren regelmässig zu pessimistisch, wie der «Blick» im Herbst berichtete. In seinen Prognosen 2000, 2005 und 2009 sagte der Bundesrat der AHV jeweils grosse Verluste in den Folgejahren vorher, effektiv fielen die Rechnungsabschlüsse in den meisten Jahren aber positiv aus. Der Grund für die pessimistischen Prognosen: Die gute Lohnentwicklung sowie die Zuwanderung und damit die Zahl der zusätzlichen Beitragszahler hat der Bundesrat regelmässig unterschätzt.
Unternehmenssteuerreform II: Höhere Steuerausfälle
Im Abstimmungsbüchlein gab der Bundesrat 2008 an, dass wegen der Unternehmenssteuerreform II Steuerausfälle von 84 Millionen beim Bund und bis zu 850 Millionen Franken bei den Kantonen drohten. Die Steuerausfälle waren jedoch weitaus höher, weshalb die SP-Nationalräte Margret Kiener Nellen und Daniel Jositsch eine Wiederholung der Abstimmung verlangten, weil die wahren Ausfälle auf 7 bis 10 Milliarden Franken angewachsen seien. Das Bundesgericht rügte den Bundesrat für die Fehleinschätzung, lehnte eine Wiederholung jedoch ab.
Bundesbudget: 27 Milliarden zu viel
Jahr für Jahr zeigt sich das gleiche Bild: Der Bund erzielt einen viel besseren Finanzabschluss, als er ursprünglich prognostiziert hat. Im Jahr 2015 wurde ein Überschuss von 2,3 Milliarden Franken verzeichnet, prognostiziert war ein Plus von 400 Millionen. Mit Ausnahme des Jahres 2014 übertraf das Resultat die Prognose in den letzten zehn Jahren immer klar. Seit 2006 hat der Bund 27 Milliarden Franken mehr Geld eingenommen, als er budgetiert hatte, wie eine Recherche von 20 Minuten zeigt. Die Überschüsse fliessen jeweils in den Schuldenabbau.
IT-Projekte: Hunderte Millionen in den Sand gesetzt
Ob Verteidigungsdepartement, Bundesverwaltung oder AHV-Zahlstelle: Immer wieder werden hohe Summen in Informatikprojekte gesteckt, die am Ende scheitern oder nicht verwendet werden. Der bekannteste IT-Flop dürfte dabei das Insieme-Projekt der Steuerverwaltung gewesen sein. Es kostete den Steuerzahler laut Finanzverwaltung 102,4 Millionen Franken.
Neat: 8,6 Milliarden teurer als geplant
Der neue Gotthardtunnel und seine Zubringer kommen die Schweizer teurer zu stehen, als bei der Abstimmung 1992 versprochen wurde. Damals ging man von Kosten in der Höhe von 14,9 Milliarden Franken aus, nun kostet die Neat über drei Milliarden mehr. Inklusive Teuerung, Steuern und Zinsen erreichen die Kosten laut «Schweiz am Sonntag» gar 23,5 Milliarden Franken.
Alpeninitiative: Immer noch viel zu viele Lastwagen
Am 4. Dezember 1994 stimmte das Volk der Alpeninitiative zu. Das Ausführungsgesetz von 1999 sah vor, dass die Zahl der alpenquerenden Lastwagen bis 2009 auf 650'000 reduziert wird. Im Jahr 2015 überquerten aber immer noch über eine Million Lastwagen die Alpen. Die Frist wurde immer wieder gestreckt, momentan will man das Ziel bis 2018 erreichen.
In einer früheren Version dieses Artikels war von einer Fehleinschätzung der Zuwanderung um das Zehnfache die Rede. Korrekt handelt es sich aber um eine Fehleinschätzung der zusätzlichen Zuwanderung um das Siebenfache.