Fall CarlosNationalrat will Schraube für junge Täter anziehen
Nach dem Fall Carlos macht Nationalrat Hans Fehr Ernst: Er will das Jugendstrafrecht verschärfen. Eine Mehrheit des Nationalrats hat der SVP-Mann auf seiner Seite.

SVP-Nationalrat Hans Fehr will jugendliche Straftäter härter anfassen – und findet breite Unterstützung bei den bürgerlichen Parteien.
Als vor gut zwei Wochen wegen des Falls Carlos die Wogen hochgingen, kündigte SVP-Nationalrat Hans Fehr an, eine im Nationalrat versandete Motion neu aufzulegen. Nun liegt der Vorstoss vor. Fehr will das Jugendstrafrecht in vier Punkten verschärfen:
Bei schweren Verbrechen sollen generell unbedingte Strafen ausgesprochen werden.
Wenn ein jugendlicher Täter bei einer Massnahme, also einer therapeutischen Betreuung à la Carlos, nicht kooperiert, müsse der Vollzug der Strafe auch in einem Gefängnis möglich sein, fordert Fehr. Dass Carlos in der öffentlich gewordenen Therapie durchaus kooperierte, ist für den SVP-Mann kein Widerspruch: «Wer solche Luxusmassnahmen bekommt, wäre ja ein Vollidiot, wenn er nicht mitspielen würde.» Weil Carlos aber früher nicht kooperiert habe, wäre es mit einem schärferen Gesetz gar nicht erst zur teuren Therapie gekommen, argumentiert Fehr.
Den maximalen Freiheitsentzug von derzeit vier Jahren will Fehr «massgeblich erhöhen». «Die meisten kommen derzeit sowieso nach zwei Jahren raus, das reicht nicht einmal, um eine im Gefängnis angefangene Lehre fertig zu machen», sagt er.
Und bei besonders schweren Straftaten sollen Jugendliche nach dem Erwachsenenstrafrecht beurteilt werden können.
In der Begründung seiner Motion schreibt Fehr, in letzter Zeit hätten schwere Straftaten von Jugendlichen zugenommen, die eine erschreckende kriminelle Energie offenbarten. Dazu komme, dass Straftaten wie jene von Carlos zum Teil in einer Weise geahndet würden, die eher einer teuren Luxusbehandlung als einer Strafe gleichkämen. «Es braucht im Jugendstrafrecht dringend Lösungen für Jugendliche, die sämtliche Systeme ‹ausgereizt› haben und jede Behandlung sabotieren», konstatiert Fehr. Carlos sei nur die Spitze des Eisbergs.
Widerstand von links
SP-Nationalrätin Margret Kiener Nellen kontert, Fehr beweise mit seiner Motion, dass er das heutige Jugendstrafrecht gar nicht richtig kenne: Bereits heute wanderten junge Täter aus Therapien zurück hinter Gitter, wenn sie nicht kooperierten. Auch sonst hält die linke Juristin längere Knastaufenthalte für kontraproduktiv: «Wenn Fehr die Gefängnisse wie in den USA mit jungen Männern überfüllen will, bewirkt er, dass diese dann nach zehn Jahren Strafe sozial und psychisch gestört aus dem Gefängnis kommen – ohne Berufsaussichten und ohne private Beziehungen.»
Die linken Gegner einer Verschärfung dürften jedoch auf verlorenem Posten stehen: 111 bürgerliche Nationalrate haben den Vorstoss von Fehr mitunterschrieben – und damit eine Mehrheit in der 200 Sitze zählenden Kammer. Die Gegner einer Verschärfung können nur darauf hoffen, dass die Motion auf die lange Bank geschoben und schliesslich abgeschrieben wird. So ist es Fehr mit einer praktisch gleich lautenden Motion aus dem Jahr 2010 passiert. Doch der SVP-Mann ist optimistisch: «Das Büro des Nationalrates kann es sich nicht leisten, meinen Vorstoss zum zweiten Mal versanden zu lassen.»
Carlos bleibt im Gefängnis
Der jugendliche Straftäter Carlos bleibt weiterhin im Gefängnis «Limmattal» in Dietikon ZH. Das Zürcher Obergericht hat die Beschwerde des 17-Jährigen gegen diese Unterbringung abgewiesen. Eine vorläufige Platzierung im Gefängnis sei verhältnismässig, schreibt das Obergericht in einer Mitteilung vom Mittwoch. Das Gefängnis verfüge über eine auf Jugendliche ausgerichtete Abteilung. Zudem handle es sich nicht um den Vollzug einer Freiheitsstrafe, sondern um eine «provisorische und zeitlich beschränkte Lösung im Rahmen des Massnahmenvollzugs». (SDA)