AmtsdauerOstschweizer Politiker halten am längsten durch
Das Personal der Kantonsparlamente wechselt häufig. Dabei gibt es ein deutliches Ost-West-Gefälle: Deutschschweizer Politiker sind länger im Amt als Westschweizer. In Genf ist die Fluktuation am höchsten.

Mitglieder des Grossen Rates Thurgau: Marty Walter, SVP, seit 2006 im Grossen Rat (l.) und Robert Meyer, GLP, seit 2008 im Amt.
Mehr als einer von zwei Kantonsparlamentariern in der Westschweiz wird bereits nach einer Legislatur wieder ausgewechselt. Die Amtsdauer von Politikerinnen und Politikern in der Ostschweiz ist im inländischen Vergleich dagegen am höchsten. Dies zeigt eine Studie der Universität Bern.
Generell verändere sich die Zusammensetzung der Kantonsparlamente schnell, kommt die vom Schweizerischen Nationalfonds unterstützte Untersuchung zum Schluss. «Die Fluktuation ist beträchtlich.»
Obwohl personelle Wechsel in Regierungen und Parlamenten ein wichtiger Bestandteil der Demokratie sei, dürfe die Wechselrate nicht zu hoch sein, liess sich Studienleiterin Antoinette Feh Widmer in einem Communiqué vom Dienstag zitieren. «Sonst droht ein Verlust an Know-how und die Effizienz leidet.»
Gemäss früheren Untersuchungen liege der «ideale» Mitgliederwechsel ungefähr zwischen 20 und 30 Prozent pro Legislatur. Die Zusammensetzung der Schweizer Kantonsparlamente ändert sich gemäss der Studie allerdings deutlich stärker. Durchschnittlich betrug die Mitgliederfluktuationsrate pro Legislatur im Zeitraum von 1990 bis 2012 satte 50 Prozent.
Genfer Politiker mit tiefster Amtsdauer
Dabei gibt es ein deutliches Ost-West-Gefälle: Mit 69 Prozent hat der Kanton Genf die höchste Wechselrate vor dem Jura (63 Prozent), Freiburg (61 Prozent) und Waadt (59 Prozent). Die wenigsten Wechsel haben Appenzell Innerrhoden (29 Prozent), Graubünden (35 Prozent) und Thurgau (39 Prozent) - was in den Kantonen Appenzell Innerrhoden und Graubünden möglicherweise auf das Majorzwahlsystem zurückgeführt werden kann.
Daneben seien wahrscheinlich politisch-kulturelle Aspekte für die Unterschiede verantwortlich, wie Feh Widmer sagt. In der Westschweiz sei ein kantonales Amt mit mehr Prestige verbunden als in der Deutschschweiz. Das führe zu grösserer Konkurrenz, was wohl die Fluktuationsrate erhöhe.
Der häufigste Grund für einen Wechsel ist gemäss der Untersuchung der Rücktritt eines Politikers oder einer Politikerin - sei dies ordentlich (zum Ende einer Legislatur) oder ausserordentlich (während der Legislatur). Der Anteil abgewählter Parlamentarier dagegen ist sehr gering.
Kein vorherrschender Rücktrittsgrund
Allerdings gibt es grosse Unterschiede zwischen den Kantonen. Im Kanton Appenzell Innerrhoden werden nur 3 Prozent der Parlamentarier abgewählt, im Kanton Schaffhausen dagegen 31 Prozent. «Diese hohe Abwahlquote könnte mit der dort herrschenden Stimm- und Wahlpflicht zusammenhängen», sagt Feh Widmer.
Die Forscherin untersuchte auch, aus welchen Gründen die Parlamentarierinnen und Parlamentarier zurücktraten. Dafür befragte sie knapp 400 Politiker der sechs Kantone Bern, Genf, Zürich, Aargau, St. Gallen und Uri. Es zeigte sich, dass es kein eindeutiges Rücktrittsmuster gibt. Vielmehr sind die Gründe individuell und verschieden.
«Häufig spielt das Alter eine Rolle», sagt Feh Widmer. Zudem geht ein Rücktritt häufig einher mit einem hohen beruflichen Beschäftigungsgrad. Finanzielle Überlegungen spielen eine untergeordnete Rolle - die für die Parlamentsarbeit ausbezahlten Vergütungen scheinen keinen Einfluss zu haben. (sda)