Vergiftungs-Rekordjahr?Pilzsammeln im Trend – Hunderte vergiftet
Das üppige Pilzvorkommen lockt dieses Jahr viele unerfahrene Sammler in die Wälder. Weil sich manche auf untaugliche Pilz-Apps verlassen, kommt es auch zu zahlreichen Vergiftungen.

2012 ist ein ausserordentlich gutes Pilzjahr - das sorgt auch für viele Vergiftungen.
Die Pilzsaison 2012 ist wegen den günstigen Witterungsverhältnissen aussergewöhnlich: Vom Steinpilz über den Champignon bis zum Fliegenpilz spriessen die Pilze nur so aus dem Waldboden. «So etwas habe ich noch nie gesehen», sagt Jean-Jacques Mayor, Präsident des Bündner Pilzkunde-Vereins.
Doch zusammen mit den Pilzen schiesst auch die Anzahl der Pilzvergiftungen in die Höhe: Über 400 Fälle hat das Schweizerische Toxikologische Informationszentrum schon registriert – 60 mehr als in der Vorjahresperiode. Hugo Kupferschmidt, Direktor des Tox-Zentrums, befürchtet: «Wenn die Saison nicht abrupt endet, wird das 2012 ein neues Rekordjahr.»
«Junge gehen unvorbereitet in den Wald»
Mit ein Grund für die vielen Pilzvergiftungen ist der Sammel-Trend bei Jugendlichen: «Die Laien, darunter viele Junge, werden von den Pilzen geradezu angezogen», sagt Liliane Theurillat, Präsidentin der Schweizerischen Vereinigung amtlicher Pilzkontrollorgane. Dabei würden sich die Neu-Sammler häufig überschätzen. «Einige denken, sie könnten giftige Pilze anhand des Geschmacks erkennen. Das ist völlig absurd.»
Auch Peter Kaupp, Pilzkontrolleur des Kantons Basel-Stadt, geht davon aus, dass es wegen den vielen unerfahrenen Sammlern mehr Vergiftungsfälle gibt: «Die jungen Sammler gehen völlig unvorbereitet in den Wald. Sie informieren sich oft nicht einmal mit einem Pilzbuch, sondern verlassen sich auf unzuverlässige Pilz-Apps auf ihrem Smartphone.» Aus Erfahrung weiss er: «90 Prozent der Pilze, die Jugendliche sammeln, müssen wir bei Kontrollen entsorgen. Wir retten also jeden Tag Leben.»