«Typisch»Regula Stämpfli beleidigt die Belgier
Für Politologin Regula Stämpfli ist es «typisch», dass der Unglücks-Car aus Belgien kommt – denn Belgien sei ein «Drittweltland». Dort erntet sie nun wütende Reaktionen.

Der völlig zerstörte Bus – für Stämpfli eine Folge der belgischen Strukturen.
Die Politologin Regula Stämpfli trieb in der Schweiz mit ihrer provokativen Art schon manchen Gegner zur Weissglut – etwa als sie ihren Berufskollegen Michael Hermann als «Wahlvermesser mit einem politischen Reflexionsgrad eines Planktons» betitelte. Nun macht sich die streitbare Bernerin, die ihren Zweitwohnsitz in Brüssel hat, auch in Belgien einen Namen – einen schlechten. Nur wenige Stunden nach dem Busunglück in Sierre letzte Woche postete sie unter dem Titel «Belgisation: weshalb Unglücke auch politisch sind» einen Artikel auf der Website news.ch. Bis der Artikel auf Französisch übersetzt wurde und den Weg in die belgischen Medien fand, vergingen einige Tage. Doch nun rollt eine Welle der Empörung über Stämpfli.
Eigentlich wollte sie sich vor allem dagegen wehren, dass Verkehrsunglücke wie das in Sierre einfach «menschlichem Versagen» zugeordnet werden. Für sie ist nicht in erster Linie der Fahrer schuld. Vielmehr ist es das System, das «Busfahrer nicht bezahlt, deren Ruhezeiten nicht kontrolliert und deren Gefährt, je nach korrupten Beziehungen, nie auf verkehrstechnisch gutem Stand hält». Aber diese analytischen Töne geben die belgischen Medien nicht wieder – dafür jene Textstellen, in denen Stämpfli mit vollen Rohren gegen ihr Gastgeberland schiesst.
Belgien ein Drittweltland?
Zuerst bleibt sie noch beim Thema. Es sei typisch, dass der Unglücks-Car aus Belgien stamme: «Die Ausbildung, die Kontrolle, die Fahrtechniken, die Ausstattung der Reisebusse sind in Belgien auf dem Niveau eines Drittweltlandes und drunter.» Doch dann setzt Stämpfli zum Rundumschlag an. Sie fragt sich, wie es möglich sei, dass Belgien anderthalb Jahre keine gewählte Regierung gehabt hat. «Jeder normale Menschenverstand schreit hier: Aua. Wie geht das?»
In Brüssel mache die Stadtplanung alles falsch, was man falsch machen könne, schreibt die Politologin. Und bezeichnet Belgien als Land, «in welchem alles möglich ist und nie auch nur ein einziger Verantwortlicher seine Strafe absitzen muss» – und aus dem nichts wirklich Gutes kommen könne «ausser der Schokolade, Moules et Frites sowie ein gewisser surrealer Humor». Auch einen Seitenhieb auf den Umgang mit der Affäre um den Kinderschänder Dutroux kann sich Stämpfli nicht verkneifen.
«Schändlich, grotesk, unmoralisch
Die Internet-Website des französischsprachigen belgischen Radios und Fernsehens, rtbr.be, reagiert mit deutlichen Worten: «Einen tragischen Unfall dafür zu benutzen, all seinen Hass auf ein Land abzuladen, ist schändlich, grotesk und unmoralisch.» Es komme in Belgien auch niemand auf die Idee, alle schlechten Nachrichten aus der Schweiz in einen Topf zu werfen: die Bahnkatastrophen der 80er-Jahre, den Massenselbstmord der Sonnentempler 1994, die Schwarzgeldkonten und den Aufstieg der extremen Rechten (gemeint ist die SVP).
Auf Facebook gibt es bereits eine rasant wachsende Anti-Stämpfli-Seite mit mehr als 300 Mitgliedern – auch aus der Schweiz. Und es zirkuliert eine Online-Petition, die fordert, Stämpfli die Akkreditierung als Journalistin zu entziehen. Wer über Google versucht, auf ihre Homepage zu gelangen, stösst auf eine Fehlermeldung – möglicherweise ein Racheakt. Stämpfli war für 20 Minuten Online nicht zu erreichen. Aber wie sie auf Facebook schreibt, quillt ihre Mailbox derzeit über von Reaktionen auf ihren Artikel.
Stämpfli: Nicht erster Skandal
Es ist nicht das erste Mal, dass Politologin Regula Stämpfli mit umstrittenen Äusserungen auf sich aufmerksam macht: So sah sie einst Parallelen zwischen dem Trend zur Intimrasur und den Mechanismen der Gleichschaltung im Nationalsozialismus. Für Schlagzeilen sorgte sie auch, als sie eine Kolumnistin des «Magazins» mit unflätigen Worten bedachte.