GebührenRoaming soll auch für Schweizer Kunden fallen
Ab Juni zahlen Telekomkunden in der EU kein Roaming mehr. Politiker wollen dies auch in der Schweiz durchsetzen. Ein Schlupfloch gibt es aber bereits.
Eine Minute telefonieren in Europa ohne Abo kostet bei der Swisscom 45 Rappen, bei Sunrise gar 1,45 Franken. Und wer bei Salt in Europa surft, zahlt ohne Abo 2 Franken pro Megabyte.
Während die Preise für solche Roaminggebühren für Schweizer Kunden zwar sinken, schafft die EU sie ab kommendem Juni ganz ab und verbietet den Telekomanbietern, die Netzkosten auf ihre Kunden abzuwälzen.
Schweizer Kunden würden diskriminiert
CVP-Nationalrätin Elisabeth Schneider-Schneiter will nun auch den Roaminggebühren, die bei Schweizern im Ausland anfallen, ein Ende setzen, weil sonst durch die neue EU-Regelung «ab Juni Schweizer Mobilfunknutzer diskriminiert werden». Da der Bundesrat das Thema erst mit der Revision des Fernmeldegesetzes im Herbst zu diskutieren plant, will Schneider-Schneiter nun den «Druck verstärken», nachdem sie bereits Vorstösse dazu eingereicht hat.
Sie fordert darum in der Fragestunde der Frühlingssession vom Bundesrat eine Antwort darauf, wie diese Gebühren in der Schweiz so rasch als möglich abgeschafft werden könnten.
Die Schweizer Anbieter begründen ihr Festhalten am Roaming damit, dass sie nicht von den EU-Tarifen profitieren können. Denn während Anbieter innerhalb der EU sich gegenseitig nur festgelegte Tarife berechnen dürfen, gelten diese für die Schweiz nicht. Firmen wie etwa die Deutsche Telekom können daher Swisscom, Salt und Sunrise für die Benützung ihres Netzes mehr verrechnen als einer österreichischen Telekomfirma.
«Roaming ist für Schweizer Anbieter immer noch ein gutes Geschäft»
Diesen Einwand lässt CVP-Nationalrätin Schneider-Schneiter nicht gelten: «Wenn die EU das Roaming stoppen kann, muss das auch für die Schweiz möglich sein.» Auch Jean-Claude Frick von Comparis sagt: «Das Roaming ist für die Schweizer Anbieter immer noch ein Geschäft mit grosszügigen Margen. Darum haben sie kaum ein Interesse, in den Verhandlungen mit den europäischen Anbietern tiefe Preise durchzusetzen.» Laut Frick könnte ein Roamingverbot dies ändern.
Auch Oliver Zadori vom Vergleichsdienst Dschungelkompass glaubt zwar, dass die Kunden bei einem Roamingverbot profitieren könnten. Er äussert aber auch Bedenken: «Auch wenn mit der EU tiefere Roaminggebühren verhandelt würden, fallen Kosten an, die überwälzt würden.» Laut Zadori könnten die Schweizer Anbieter diese Kosten einfach andernorts – etwa bei den Abos – draufschlagen, wenn sie kein Roaming mehr verrechnen dürften.
Bei der Swisscom heisst es, dass eine komplette Abschaffung der Roaminggebühren heute nicht möglich sei, da man für die Netznutzung ihrer Kunden auf dem ausländischen Netz bezahlen müsse. «Durch die hohen Inklusivvolumen in den Abos ist es für viele Swisscom-Kunden aber praktisch kein Thema mehr», sagt Sprecherin Annina Merk.
Auch Schweizer können profitieren – dank einem Schlupfloch
Auch wenn Kunden ohne ein solches Abo weiterhin nicht um die Gebühren herumkommen, eröffnet sich für sie bald ein Schlupfloch: Sie könnten sich ab Juni eine europäische SIM-Karte besorgen und dank Gratisroaming in ganz Europa ohne Aufschlag surfen und telefonieren. Bei deutschen Telekomanbietern gilt das Gratisroaming neben der EU auch für die Schweiz.
Laut Zadori wäre dies besonders für Grenzgänger interessant. Für den Gebrauch im Inland seien jedoch Schweizer Angebote günstiger als etwa deutsche. Um im Ausland ein Abo zu lösen, braucht es laut Zadori zwar eine Wohnadresse. «Aber da kann man ja auch jene eines deutschen Bekannten angeben.»
Wenn sich die Schweiz ab Juni in der Roamingdebatte nicht bewegt, rechnet Jean-Claude Frick von Comparis damit, dass folgender Trick Auftrieb erhält: «In Frankreich gibt es Abos mit Datenvolumen von 50 Gigabyte für 35 Euro im Monat, was auch für Schweizer ein attraktives Angebot wäre.» Ob die ausländischen Anbieter diesen Trick tolerieren, bleibt abzuwarten: Denn sie hätten laut Gesetz die Möglichkeit, bei übermässiger Nutzung Zusatzgebühren zu erheben.