Zunahme von GraffitiWas die Sprayer machen, kann lebensgefährlich sein
Immer häufiger werden SBB-Züge vollgesprayt. Die Bahn setzt auf Videoüberwachung und Anzeigen. Die Sprayer haben aber auch Sympathisanten.
Auf den Gleisen der Haupthalle stehen am Montagabend zur selben Zeit drei versprayte Züge. Die Graffitis überdecken zum Teil die Fenster und tragen unter anderem die Tags der bekannten Zürcher Graffiti-Crew KCBR.
Zum Einzelfall schweigt sich die SBB aus. Zahlen zeigen aber: Das Problem spitzt sich zu. In ihrem jüngsten Geschäftsbericht schreibt die SBB, Graffiti- und Vandalismusschäden hätten im Jahr 2017 gegenüber dem Vorjahr zugenommen.
Sieben Straftaten pro Tag
Im Umfeld der Eisenbahn, zu dem auch andere Transportunternehmen zählen, wurden letztes Jahr 2600 Sachbeschädigungen gezählt, zu denen Sprayereien gehören. Täglich ereignen sich damit über sieben Straftaten in diesem Bereich.
Diese Entwicklung ist umso erstaunlicher, als die Zahl der Sachbeschädigungen insgesamt im selben Zeitraum um zwei Prozent auf knapp 43'000 Straftaten zurückgegangen ist. Das zeigt die polizeiliche Kriminalstatistik. Sprayereien auf Zügen sind besonders kritisch: Nicht nur stören sie schnell Tausende Pendler, das Betreten von Bahnanlagen kann auch lebensgefährlich sein. Laien können die Gefahr vorbeifahrender Züge häufig nicht richtig einschätzen.
Höhere Billettpreise wegen Graffiti?
Die Behebung von Vandalismusschäden kostet die SBB viel Geld. Im Jahr 2016 waren es 5,6 Millionen Franken, wie Sprecher Reto Schärli sagt. Jeder Schaden verursache Kosten, die zur Belastung der Jahresrechnung führten. «Im Endeffekt beeinflussen Vandalenakte deshalb indirekt auch die Berechnung der Billettpreise.»
Die SBB bringe jede Sprayerei konsequent zur Anzeige und ziehe versprayte Fahrzeuge möglichst innert 24 Stunden aus dem Verkehr. «Je schneller Graffitis entfernt werden, desto geringer ist der Anreiz, solche anzubringen», sagt Schärli.
450 Fälle von Videoüberwachung
Einen vollgesprayten Zug zu säubern, nehme Dutzende Personenstunden in Anspruch. Zudem müssten starke Chemikalien eingesetzt werden. Die SBB arbeite mit der Polizei zusammen, um Sprayereien zu verhindern. Sie engagiere sich auch in internationalen Arbeitsgruppen. Zudem setze sie auf Videoüberwachung.
Eine Präsentation der Transportpolizei aus dem Jahr 2014 zeigt, wie oft auf dieses Mittel zurückgegriffen wird. Damals wertete die SBB in 450 Fällen Videomaterial zur Aufklärung von Sachbeschädigung aus. Die Zahl der Anfragen steige jährlich um etwa 10 Prozent, hiess es damals.
«Kunst am falschen Ort»
Einer, der ebenfalls viele Graffitis bildlich festhält, ist der Rechtsanwalt Martin Steiger. Auf Instagram zeigt er immer wieder Sprayereien auf SBB-Zügen. Seine Haltung zum Thema sei ambivalent, sagt er: «Wenn ich im Zug sitze, stören mich die Graffitis. Von aussen aber gibt es zum Teil schöne Exemplare.»
In der Schweiz fielen Graffitis negativ auf. «Sie passen nicht zum Bild des Landes. Im öffentlichen Verkehr sind sie aber sehr präsent. Das zeigt für mich auch ein Sauberkeitsproblem der SBB», so Steiger. Die Bekämpfung von Graffitis sei aber nicht einfach. Eine mögliche Lösung könne sein, die Züge noch besser zu bewachen und die Strafverfolgung seitens der Polizeien und Staatsanwaltschaften zu intensivieren.
«Aus rechtlicher Sicht ist die Sache bei Graffitis auf Zügen eindeutig. Es handelt sich um strafbare Sachbeschädigung», sagt Steiger. Die Frage sei, welchen Aufwand man in die Bekämpfung stecken wolle. Und neben sinnlosen Schmierereien gebe es eben auch Graffitis, die «ohne Zweifel Kunst, aber am falschen Ort» seien: «Man wundert sich manchmal, wie solche Sprayereien überhaupt möglich sind.»