BÜPFSP will den Ermittlern den Trojaner vermiesen
Die Sozialdemokraten unterstützen das Referendum gegen das revidierte Gesetz zur Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs (BÜPF).

SP-Präsident Christian Levrat an der Delegiertenversammlung in La Chaux-de-Fonds. (16. April 2016)
KeystoneDie SP-Delegierten haben am Samstag in La Chaux-de-Fonds NE überraschend und mit knappstem Mehr die Unterstützung des Referendums gegen das revidierte Gesetz zur Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs (BÜPF) beschlossen. Die Diskussion um den «EWR 2.0» vertagten die Delegierten.
Die rund 220 anwesenden Delegierten verweigerten mit diesem Entscheid der Geschäftsleitung die Gefolgschaft. Die SP sei langfristig für den Beitritt der Schweiz zur EU, hatte Parteipräsident Christian Levrat ausgeführt.
«Aus der Sackgasse befreien»
Es brauche aber einen Zwischenschritt, um zu verhindern, dass die Schweiz in einen vierten Kreis katapultiert werde, knapp hinter der Ukraine und der Türkei. «Wir müssen uns jetzt aus der Sackgasse befreien, in die uns die Einwanderungsinitiative der SVP geführt hat», zeigte sich der SP-Präsident überzeugt.
Er verteidigte deshalb die Idee für einen EWR 2.0, den die SP-Geschäftsleitung in einem Positionspapier zur Europapolitik vorschlug. Es gehe dabei um ein multilaterales Abkommen, das erst noch entstehen müsse, sagte Levrat. Es sei kein endgültiges Rezept, aber eine Landkarte, ein Wegweiser, um die künftigen Beziehungen zur EU auf eine glaubwürdige und realistische Weise zu regeln.
Die SP-Delegierten stimmten dem Positionspapier zur Europapolitik grundsätzlich zwar zu, aber ohne das Kapitel zum «EWR 2.0». Auf Antrag des Zürcher Nationalrates Tim Guldimann wurde diese Diskussion auf den Parteitag im kommenden Dezember verschoben.
Dies kommt praktisch einer Ohrfeige für die SP-Geschäftsleitung gleich. Mit dem EWR 2.0 wurde die Kernidee aus der «Roadmap» zur Europapolitik entfernt.
Kontroverse Diskussion über Überwachung
Kontrovers diskutiert wurde auch das Bundesgesetz zur Überwachung des Post- und Fernmeldewesens (BÜPF). Überraschend und mit dem äusserst knappen Mehr von 76 zu 75 Stimmen beschlossen die Delegierten, das Referendum gegen die Vorlage zu unterstützen.
Sie verweigerten damit Parteipräsident Levrat gleich noch einmal die Gefolgschaft. Er hatte sich gegen die Unterstützung des Referendums ausgesprochen.
Auch Justizministerin Simonetta Sommaruga hatte dazu aufgerufen, die Vorlage zu unterstützen. Es gehe nicht um Bürger, die sich nichts vorzuwerfen hätten, führte sie vor den Delegierten aus. Es gehe um die Strafverfolgung von kriminellen Aktivitäten.
Vorlage für Mehrheit nicht akzeptabel
In den Augen der Mehrheit der Delegierten ist die Vorlage aber nicht akzeptabel. Sie war der Ansicht, dass eine intensivere Überwachung seitens des Staates nicht mehr Sicherheit schaffe, sondern in die Privatsphäre eingreife.
Bei der Parolenfassung zu den fünf Vorlagen vom 5. Juni kam es zu keinen Überraschungen: Die SP Schweiz empfiehlt ein Ja zum revidierten Asylgesetz und Stimmfreigabe zum Fortpflanzungsmedizingesetz. Nein sagt sie dagegen zur «Milchkuh«- und zur «Pro Service public«-Initiative sowie zur Initiative für ein bedingungsloses Grundeinkommen.
SP-Präsident Levrat hatte vor den Delegierten zunächst Bilanz gezogen zu den eidgenössischen Wahlen im vergangenen Herbst. Er stellte dabei nüchtern fest, dass das Parlament nach rechts gerückt sei. SVP und FDP hätten es in den letzten sechs Monaten leider geschafft, die Kredite für die Armee, die Landwirtschaft und die Strassen zu erhöhen und parallel dazu diejenigen für die Bildung und die Entwicklungshilfe zu senken.
Levrat ruft zu Widerstand auf
Das gelte es zur Kenntnis zu nehmen und darauf mit Widerstand zu antworten, sagte Levrat. Wehren sollten sich die Sozialdemokraten insbesondere gegen eine Erhöhung des Rentenalters auf 67 Jahre und die dritte Unternehmenssteuerreform.
Letztere würde die Staatskasse leeren und Unternehmen und Aktionären im Gegenzug massive Steuergeschenke bescheren. Das sei inakzeptabel, weshalb die SP-Geschäftsleitung den Delegierten an der nächsten Delegiertenversammlung im Juni beantragen werde, das Referendum zu lancieren. «Die Rechte will die Konfrontation, sie wird sie bekommen», sagte Levrat.
Widerstand alleine reiche aber nicht, fuhr Levrat fort. Die Schweiz stehe vor Problemen, die Lösungen erforderten, egal wie die politischen Mehrheiten seien. Stillstand und Nichtstun seien etwa bei der Asyl- und der Europafrage keine Option.
Gegen das BÜPF stellt sich ein Aktionsbündnis, dem Jungparteien von rechts und links angehören: die Junge SVP, die Jungfreisinnigen, die Jungen Grünliberalen und die JUSO. Hinzu kommen die Grünen, die Piratenpartei, Organisationen wie der Verein Grundrechte, die digitale Gesellschaft Schweiz, die Operation Libero und die IT-Branche.
Die Gegner des revidierten BÜPF haben bis zum 7. Juli Zeit, 50'000 Unterschriften einzureichen. (woz/sda)