Zweifelhafte StatistikSVP: 16 Millionen Einwohner bis 2060
Verläuft die Zuwanderung weiterhin ungebremst, sind Ausländer in 50 Jahren in der Mehrheit, prognostiziert die SVP. Das BFS bezeichnet die Statistik als unseriös.
Politische Entscheidungen entfalten ihre Wirkung meist erst in der Zukunft. Vor Abstimmungen verwenden die verschiedenen Parteien darum gerne Prognosen, um ihre Argumente zu stützen. So sagt die SVP in Inseraten kurz vor der Abstimmung zur Masseneinwanderungsinitiative vom 9. Februar für das Jahr 2060 eine Bevölkerung von 16,3 Millionen Menschen voraus – die Hälfte davon Ausländer.
Das sind fünf Millionen Einwohner mehr, als das Bundesamt für Statistik (BFS) in seinem Extremszenario berechnet, wie der «Tages-Anzeiger» schreibt. Wie lässt sich die Differenz erklären? Die SVP-Statistik beruht auf einer linearen Hochrechnung der durchschnittlichen Zuwachsrate seit der Einführung der vollen Personenfreizügigkeit im Jahr 2007. Wandern also jedes Jahr genau so viele Menschen zu, wie in den letzten sieben Jahren im Schnitt jährlich eingewandert sind, hat die Schweiz bis 2060 fast so viele Einwohner wie die Niederlande heute.
Schon früher falsche Methoden verwendet
Als Quelle für ihre Prognose gibt die SVP das BFS an – dort wehrt man sich aber: «Wir distanzieren uns davon», sagt Sprecher Marius Widmer. Die Rechenmethode der SVP sei unwissenschaftlich und entbehre jeglicher demografischer Basis. Dies nicht zum ersten Mal: Für ihre Statistik gegen die erleichterten Einbürgerungen 2004 erhielt die Rechtspartei sogar eine Rüge des Ethikrats der öffentlichen Statistik der Schweiz. Damals sagte die SVP voraus, dass 2040 über 70 Prozent der Schweizer Bevölkerung Muslime sein würden.
«Das Inserat ist nicht mehr und nicht weniger wissenschaftlich als andere Hochrechnungen auch», sagt SVP-Generalsekretär Martin Baltisser zum Vorwurf der Zahlentrickserei. Damit meint er die Prognosen des Bundesrats, die vor der Einführung der Personenfreizügigkeit eine jährliche Zuwanderung von 8000 Personen vorausgesagt haben. 2013 waren es jedoch 84'000 gewesen.