Analog statt digitalSchach boomt bei Kindern
Schachbrett statt Tablet-Spiele: Besonders bei Kleinen kommt das Strategiespiel wieder gut an.

Zahlreiche Schachclubs berichten von steigenden Mitgliederzahlen im Juniorenbereich.
Kein Anbieter/Gonzalo GarciaIn Zeiten von Tablets und Smartphones erlebt eines der analogsten Spiele überhaupt eine Auferstehung: Schach ist wieder im Trend. Zahlreiche Anbieter berichten auf Anfrage von steigenden Mitgliederzahlen im Juniorenbereich.«Im Moment haben wir sehr starken Zulauf», sagt Niklaus Jung, Juniorenleiter des ältesten Schachclubs der Welt. Die Schachgesellschaft Zürich habe heute 139 aktive Mitglieder, vor gut zwei Jahren seien es noch 100 gewesen – wobei der Juniorenbereich «am stärksten gewachsen ist».
Auch Peter Hug, der mit seinem Verein Schulschachprofis vor einem halben Jahr in 15 Schweizer Dörfer und Städten Kinderschachclubs gegründet hat, wurde von der Nachfrage überwältigt. Er habe auf Anhieb dreihundert Neuanmeldungen verzeichnen können. «Selbst die Coolen finden Schach nicht mehr doof», ist Hug überzeugt. Es hätten sich nicht nur leistungsstarke Schüler, sondern auch Kinder aus bildungsfernen Schichten angemeldet.
«Gegenbewegung zum Konsumverhalten»
Der aktuelle Schachweltmeister, Magnus Carlsen, sei ein eigentlicher «Popstar des Schachs» und begeistere mit seinen 25 Jahren viele Junge fürs Schachspielen, ergänzt Jung. Der Schach-Boom sei eine Art «Gegenbewegung zum heutigen Konsumverhalten – den Handys, Tablets und schnellen Computerspielen». Davon ist auch der Schweizer Juniorencoach Markus Regez überzeugt, der seit drei Jahren im zürcherischen Küsnacht eine Schachschule führt und Ferienkurse anbietet. Schachspielen fördere die Konzentration auf eine ganz andere Art als es elektronische Spiele täten: «Man kann ins Brett eintauchen. Es passiert viel, ist aber ein eher ruhiges, langsames Spiel.» Runterfahren zu können, sei für Kinder wichtig.
Im Gegensatz zu früher seien es zudem nicht mehr die Eltern, die die Kinder zum Schachspielen pushen, beobachtet Hug. Die zwischen Vier- und Vierzehnjährigen kämen mehrheitlich aus freien Stücken in den Schachkurs: «Nachdem wir in Kindergärten und Schulen Flyer verteilt hatten, meldeten sich bis zu 90 Prozent der Kinder für einen Probekurs an. Hätten sie kein Interesse, hätten sie die Flyer den Eltern gar nicht gezeigt.»
Schach wird in Schule gefördert
Eine wichtige Rolle spielten die Schulen und Lehrer, auf deren Unterstützung Hug jeweils hofft. «Ich bin dankbar, wenn die Lehrer die Kinder informieren oder wir Schulräume benutzen dürfen.»
«Primarschulen, in denen Kinder Schach lernen, leisten ihren Beitrag zum Trend», ist auch Esther Schiendorfer überzeugt. Sie führt den Onlineshop chesspoint.ch, der grösste Schweizer Schachhändler gemäss eigenen Angaben. Auch Schiendorfer meint, Schach sei heute «im Privaten, in Familien wieder mehr ein Thema als noch vor fünf Jahren». Die Nachfrage sei in den letzten Jahren «laufend gestiegen». Auch das Schweizer Traditions-Spielwarengeschäft Franz Carl Weber schreibt auf Anfrage, dass Strategiespiele wie Schach und Risiko «noch immer sehr beliebt» sind.