«Charlie Hebdo»Schweizer Muslime fordern Antiterror-Plan
Schweizer Muslime distanzieren sich von der Bluttat in Paris. Sie befürchten negative Folgen für das Zusammenleben in der Schweiz und fordern harte Massnahmen.

Valentina Smajli fordert, dass sich die Moslems vom «Charlie Hebdo»-Massaker distanzieren sollten.
«Das ist ein barbarisches Ereignis, das uns alle provoziert. Nicht als Muslime, sondern als Gesellschaft», sagt der Berner Iman Memeti Mustafi nach dem Blutbad in Paris. Er und viele andere Schweizer Muslime zeigten sich unmittelbar nach dem Anschlag auf die Redaktion von «Charlie Hebdo» bestürzt. Viele befürchten, dass die Tat auf sie zurückfallen und das Zusammenleben der Kulturen in der Schweiz beeinträchtigen könnte.
So auch Rifa'at Lenzin. Die Islamwissenschaftlerin ist in Bern als Tochter pakistanisch-schweizerischer Eltern aufgewachsen. Sie sagt: «Wenn man von solchen Attentaten hört, hofft man instinktiv, dass sie keinen muslimischen Hintergrund haben. Leider bewahrheiten sich die Befürchtungen vieler Muslime allzu oft.» Durch solche Tragödien würden auch in der Schweiz viele Menschen mit einem Islambild konfrontiert, das nichts mit der gelebten muslimischen Realität zu tun habe.
Das sieht auch Hisham Maizar so. Der in Palästina geborene Arzt ist Präsident der Föderation Islamischer Dachorganisationen in der Schweiz (FIDS), zu der ungefähr 150 Islam-Zentren gehören. «Dieses Attentat und jede Form von Gräueltaten im Namen des Islam und im Namen des Muslimen verabscheuen wir. Solche Täter entehren die Religion, indem sie den Islam zu ihren eigenen Zwecken missbrauchen.» Angriffe auf Unschuldige würden im Islam nicht gebilligt. «So etwas widerspricht dem Sinn und Geist einer jeden Religion.»
«Muslime müssen sich jetzt distanzieren»
«Wir müssen uns aber eines bewusst sein: Die Terroristen wollen mit dieser Tat nicht den Islam verteidigen. Das ist ihre Argumentation und wir sollten nicht darauf hereinfallen», bekräftigt Valentina Smajli, Vizepräsidentin des Forums für einen fortschrittlichen Islam. Die drei Männer, die den Anschlag verübt haben, hätten zum Ziel, die christliche Gesellschaft und die Moslems gegeneinander aufzuhetzen. «So wollen sie ein Klima des Misstrauens und Hasses schüren.»
Die Luzerner Muslima sieht die islamische Glaubensgemeinschaft in der Schweiz aber auch in der Pflicht: «Die Verbände und Organisationen müssen nun dafür sorgen, dass Extremisten innerhalb ihrer Reihen keinen Platz mehr haben», meint Smajli und fordert, dass auch der Staat härter durchgreift. «Es ist ganz klar, dass auch die Behörden wachsamer sein müssen. Dazu gehört ein starker und glaubwürdiger Nachrichtendienst, der Extremisten in der Schweiz lokalisiert, beobachtet und zusammen mit den muslimischen Verbänden isoliert.»