Elisabeth Schneider-SchneiterSie ist die erfolgreichste Frau in Bern
Im Wettbüro hätte CVP-Nationalrätin Elisabeth Schneider-Schneiter die beste Quote. Das zeigt: Obwohl die Mitteparteien bei Wahlen oft verlieren, führt im Parlament kein Weg an ihnen vorbei.
Es gibt jene Politiker, die kein Jota von ihren Überzeugungen abweichen. Und es gibt die Erfolgreichen: Jene, die bei Abstimmungen im Parlament jeweils auf der Siegerseite stehen. Um zu erfahren, ob ein Geschäft durchkommt oder nicht, müsste man vorher eigentlich nur Elisabeth Schneider-Schneiter fragen, welchen Knopf sie drücken wird. Die Baselbieter CVP-Frau gewinnt als Einzige im Parlament mehr als 90 Prozent der Abstimmungen. Das ergibt eine Auswertung der Online-Plattform Smartmonitor über die ersten fünf Sessionen der laufenden Legislatur.
Dass eine CVP-Vertreterin obenaus schwingt, ist kein Zufall: Die Mittepartei gewinnt mehr als 85 Prozent der Abstimmungen in der grossen Kammer und liegt damit vor BDP (84 Prozent), FDP (81 Prozent) und GLP (79 Prozent). In den Top 10 der Nationalräte sind lauter Fraktionskollegen von Schneider-Schneiter zu finden. «Wir bestimmen die Marschrichtung, ohne uns bekommen Linke oder Rechte keine Mehrheiten», sagt die Spitzenreiterin.
Knochenarbeit ist nicht sexy
Die Mitteparteien arbeiteten bereits in den Kommissionen auf einen tragfähigen Kompromiss hin, den sie dann auch bei der Abstimmung im Plenum unterstützten, so Schneider-Schneiter. «Diese Knochenarbeit ist nicht sexy und lässt sich dem Wähler schwerer verkaufen als populistische Schlagwörter – aber sie führt zum Erfolg.»
Dass sie noch häufiger siegt als der CVP-Durchschnitt, führt die 49-Jährige darauf zurück, dass sie eher am rechten Parteiflügel politisiert und sich in wirtschafts- oder finanzpolitischen Fragen gelegentlich anders als ihre Fraktionskollegen auf die Seite von SVP und FDP schlägt.
Das Parlament rutschte nach links
Schwimmt Schneider-Schneiter bloss mit dem Strom? Nein, sagt der Politologe Daniel Schwarz, Präsident des Netzwerks Politools, das neben dem Smartmonitor auch die Online-Wahlhilfe Smartvote betreibt. «Sie schaut ja nicht, was die anderen machen und stimmt entsprechend. Vielmehr befindet sie sich mit ihrem Abstimmungsverhalten einfach ziemlich genau in der Mitte des Parlaments – genauso wie die CVP.»
Dass sich die personifizierte Mitte dem rechten Flügel der CVP zurechnet, ist insofern überraschend, als das Parlament bei den Wahlen 2011 leicht nach links gerutscht ist. Das zeigt ein Vergleich der Abstimmungserfolge nach Partei. Die Erfolgsrate der geschwächten SVP sank in der neuen Legislatur um 2 Prozentpunkte, jene der FDP gar um 5 Prozent. Im Gegenzug konnte sich die SP um vier Prozentpunkte steigern, die Grünen schafften sogar 8 Prozent. Mit je rund 61 Prozent Erfolgsrate liegen die beiden linken Parteien nur noch knapp hinter der SVP (62,5 Prozent).
Blocher kassiert die meisten Niederlagen
Politologe Schwarz erklärt, den Linken hätten sich durch die Verbreiterung der Mitte dank GLP und BDP neue Möglichkeiten für mehrheitsfähige Allianzen eröffnet. Dazu trage auch bei, dass die SVP oft in Totalopposition verharre. «Es ist paradox», so Schwarz: «Dank ihrer kompromisslosen Haltung ist die SVP bei den Wahlen ins Parlament sehr erfolgreich, kann dort aber ihre Politik verhältnismässig schlecht durchsetzen.»
Der Politiker, der die meisten Niederlagen einstecken muss, ist ausgerechnet SVP-Vordenker Christoph Blocher: Er gewinnt nur wenig mehr als die Hälfte der Abstimmungen – ist allerdings auch der Nationalrat mit der drittschlechtesten Anwesenheitsquote. Weitere rechte Hardliner wie Natalie Rickli, Toni Brunner oder Christoph Mörgeli finden sich ebenfalls unter den 20 Erfolglosesten – neben zehn Vertretern von SP und zwei Grünen.
Die SVP bleibt hart
«Ich bin kein Masochist», sagt Mörgeli, «ich stehe auch lieber auf der Siegerseite.» Aber es sei schwierig geworden, Partner zu finden. «Die angeblich bürgerlichen Parteien von GLP bis FDP sind nicht mehr bürgerlich.» Die SVP dürfe nun ihre Politik nicht verwässern, sondern müsse darauf setzen, dass die Wähler 2015 den Oppositionskurs wieder mehr honorieren. Dass er so nie eine Erfolgsquote wie Schneider-Schneiter erreichen wird, ist ihm egal: «Bei der Mehrheit dabei zu sein, ist nicht schwierig.»