Spital verweigert OP – Zeuge Jehovas klagt

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Bluttransfusion im NotfallSpital verweigert OP – Zeuge Jehovas klagt

Ein Berner Spital hat einen Zeugen Jehovas nicht operiert, weil er eine Bluttransfusion in einem Notfall abgelehnt hatte. Nun muss das Bundesgericht entscheiden.

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Ein Berner Listenspital hat einem Zeugen Jehovas eine Bandscheiben-Operation verweigert. Der Mann hat sich geweigert, sein Einverständnis für eine Bluttransfusion im Notfall zu geben.
Das Risiko einer Transfusion sei sowieso vernachlässigbar, argumentierte der Patient. Das Spital überzeugte das nicht. Der Mann liess sich daraufhin anderswo operieren und zeigte das Spital an.
Das Berner Obergericht stellte sich auf die Seite des Spitals. Nun geht es vors Bundesgericht. Aus religiösen Gründen lehnen die Zeugen Jehovas Bluttransfusionen ab (im Bild: Treffen der Zeugen Jehovas in Zürich 2010).
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Ein Berner Listenspital hat einem Zeugen Jehovas eine Bandscheiben-Operation verweigert. Der Mann hat sich geweigert, sein Einverständnis für eine Bluttransfusion im Notfall zu geben.

Keystone/Gaetan Bally

Ein Mitglied der Zeugen Jehovas zieht ein Berner Spital vors Bundesgericht. Es hatte sich geweigert, an ihm eine Bandscheiben-Operation durchzuführen. Das Spital verlangte vom Mann eine Erlaubnis, im Notfall eine Bluttransfusion durchführen zu dürfen. Weil die Zeugen Jehovas die Massnahme aus religiösen Gründen ablehnen, unterschrieb der Patient diese Erklärung nicht. Das Spital lehnte die Operation daraufhin ab.

Danach zeigte der Mann das Spital an. Er warf den Medizinern unter anderem versuchte Nötigung, Widerhandlung gegen das Spitalversorgungsgesetz und Rassendiskriminierung vor. Die Berner Staatsanwaltschaft sah das anders – und bekam vom Berner Obergericht recht. Dieses entschied, dass die Staatsanwaltschaft die Anzeige des Zeugen Jehovas nicht weiter verfolgen müsse. Insbesondere den Vorwurf der Diskriminierung verneinten die Richter.

«Unverständliches Urteil»

Nun müssen sich die obersten Richter mit dem Fall beschäftigen. Wie die «Berner Zeitung» heute berichtet, hat Haykaz Zoryan, der Anwalt des Betroffenen, Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts eingereicht. Es sei unverständlich, sagte er der Zeitung.

Im vorliegenden Fall gebe es das Dilemma, auf das sich das Spital beziehe, gar nicht. Denn der Routineoperation, die ohne Transfusionen auskommt, habe sein Klient zugestimmt. Die Möglichkeit einer Transfusion im Notfall habe nicht einmal in Erwägung gezogen werden müssen, sagte der Zeuge Jehovas vor dem Berner Obergericht. Schliesslich gehe es um einen kleinen, routinemässigen Eingriff.

Das Obergericht hingegen urteilte, ein solches Risiko sei nicht einfach vernachlässigbar. Auch dürfe unter Umständen auch die Spitalleitung eine Behandlung verweigern. Das sei nicht nur Sache des ausführenden Arztes. Eine Operation sei immer auch eine Mannschaftsleistung.

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