Angst um öffentliche SicherheitSt. Gallen beschliesst Verhüllungsverbot
Der Kantonsrat hat ein Verhüllungsverbot im öffentlichen Raum beschlossen. Die Ratsmehrheit stimmt mit 59 gegen 54 Stimmen zu.

Für SVP und CVP ein Zeichen «gegen den frauenfeindlichen religiösen Extremismus»: Ein vollständig vermummte Muslima telefoniert. (Archiv)
Keystone/Mario VedderDer St. Galler Kantonsrat hat sich heute mit einem Verhüllungsverbot im öffentlichen Raum sowie mit Bekleidungsvorschriften in Schulen befasst. Die Ratsmehrheit stimmte nach längerer Diskussion einem Verhüllungsverbot mit 59 gegen 54 Stimmen zu.
Nach den Diskussionen um ein Kopftuchverbot in der Schulgemeinde von St. Margrethen waren 2015 insgesamt vier Motionen eingereicht worden, in denen es um Bekleidungsvorschriften für die Schule, aber auch um ein Verhüllungsverbot im öffentlichen Raum ging.
Die St. Galler Regierung legte danach einen Vorschlag mit entsprechenden Regelungen vor. Bei der vorberatenden Kommission stiess der Entwurf grundsätzlich auf Zustimmung - mit einer Ausnahme: Sie beantragte eine Verschärfung und verlangte, dass die Gesichtsverhüllung – zum Beispiel durch eine Burka – im öffentlichen Raum generell verboten werden soll.
Regierung gegen Verhüllungsverbot
Konkret solle bestraft werden können, wer im öffentlichen Raum eine Gesichtsverhüllung trägt, sofern die Person damit «die öffentliche Sicherheit oder den religiösen oder gesellschaftlichen Frieden bedroht oder gefährdet». Ob eine solche Bedrohung oder Gefährdung vorliege, sei im Einzelfall zu beurteilen.
Die Regierung hatte sich gegen ein generelles Verhüllungsverbot ausgesprochen. Es bestehe kein öffentliches Interesse daran, argumentierte sie. Stattdessen wollte sie festschreiben, dass im Kontakt mit Behörden und Amtsstellen das Ablegen der Gesichtsverhüllung verlangt werden dürfe.
SVP und CVP für Burka-Verbot
Im Kantonsrat kritisierte der Sprecher der SVP-Fraktion, die Regierung wolle sich nicht wirklich mit dem Thema auseinandersetzen. Der Auftrag für ein Verhüllungsverbot werde überhaupt nicht umgesetzt. Es gehe dabei um ein Zeichen «gegen den frauenfeindlichen religiösen Extremismus».
Der Sprecher der CVP-GLP-Fraktion betonte, die Gesichtsverhüllung gehöre «nicht in unseren Kulturkreis». Für die CVP gehe der Vorschlag der Regierung zu wenig weit, sie unterstützte deshalb die Version der Kommission. Die Sprecherin der GLP lehnte hingegen die Ausdehnung des Vermummungsverbots ab.
Auch die Sprecherin der FDP-Fraktion sprach sich gegen den Kommissionsvorschlag aus. Es handle sich dabei um reine Symbolpolitik, die nicht umsetzbar sei. Für die SP-Grüne-Fraktion würde es keine neuen Vorschriften brauchen. Ein generelles Gesichtsverhüllungsverbot werde klar abgelehnt.
FDP-Regierungsrat Martin Klöti warb für den «pragmatischen Kompromiss», der sich auf die aktuelle Rechtsprechung abstützt. Eine weitergehende Regelung brauche es nicht. Sie bedeute «Angstpolitik auf Vorrat». SP-Regierungsrat Fredy Fässler führte aus, dass der Kommissionsvorschlag in der Praxis gar nicht umsetzbar sei. Es brauche im Gesetz keine leeren Bestimmung.
Schliesslich setzte sich aber im Kantonsrat die Version der vorberatenden Kommission mit 59 gegen 54 Stimmen durch.
Kleidervorschriften durch den Erziehungsrat
Weniger Diskussionen gab es bei den Vorschlägen der Regierung zu den Kleidervorschriften für die öffentlichen Schulen. Dort hatte das Bundesgericht den Rahmen vorgegeben, das Ende 2015 ein Kopftuchverbot für die Schule in St. Margrethen für unzulässig erklärt hatte.
Die Regierung wollte dazu nur allgemeine Vorgaben machen. Für die Schüler soll die Pflicht gelten, sich in der Schule «korrekt zu kleiden». Kleider dürften «den ungestörten Unterricht oder den Schulfrieden» nicht gefährden. Konkrete Bekleidungsvorschriften soll danach der Erziehungsrat formulieren. Zudem dürfen die Schulgemeinden ergänzende Vorschriften erlassen. (nag/sda)