JugendkriminalitätStaatsanwalt ermittelt gegen Carlos' Ärzte
Als 16-Jähriger wurde der Serien-Straftäter Carlos während dreizehn Tagen ans Bett gefesselt und mit Medikamenten vollgepumpt. Die Ermittlungen dauern immer noch an.
Die Unterbringung des heute 21-jährigen Carlos, der wegen mehrerer Delikte verurteilt worden ist, beschäftigt die Justiz bereits seit 2011. Damals wurde er nach einem Suizidversuch aus dem Gefängnis Limmattal in die psychiatrische Universitätsklinik Zürich eingewiesen. Dort wurde er während fast zwei Wochen täglich für 23 Stunden an den Händen, Füssen und der Brust sowie an den Oberschenkeln gefesselt. Zudem wurden ihm antipsychotische Medikamente und Neuroleptika verabreicht, berichtet die NZZ heute.
Nach dem Aufenthalt in der Klinik habe seine Schwester wegen der Behandlung Strafanzeige gegen unbekannt eingereicht. Auch Carlos selbst habe seine Betreuer angezeigt. Im Fokus stehe dabei nicht nur die Betreuung, sondern auch, dass die Ärzte weder Carlos noch dessen Vater oder Anwalt auf die Möglichkeit der Anrufung eines Gerichts hingewiesen hätten.
Das Doppelte der empfohlenen Dosis
Während über vier Jahren wurde gegen drei Ärzte ermittelt, bis die Untersuchung 2015 eingestellt wurde, schreibt die NZZ. Das Zürcher Obergericht habe den Staatsanwalt im Herbst 2016 aber dazu verpflichtet, den Fall weiterzuverfolgen. Ein Gutachter müsse nun untersuchen, ob die Behandlung zulässig war. Einer der Ärzte spreche von einer ausserordentlichen Situation mit hoher Fremdgefährdung und Suizidgefahr, die das Vorgehen nötig gemacht habe. Die Medikamente hätten Carlos entlastet.
Das Obergericht sehe die Fixierung allerdings als besonders schweren Eingriff an, der nur als letzter Ausweg in Betracht komme. Der Zweck der dauerhaften Fixierung sei nicht ersichtlich. Zudem sei Carlos wohl das Doppelte der empfohlenen Maximaldosis eines starken Medikaments verabreicht worden. Die Einschätzung des Obergerichts entspricht keinem Urteil. Mit ihr wurde nur die Wiederaufnahme der Untersuchungen begründet. Ob die Ärzte falsch gehandelt haben, müsse von einem Sachrichter beurteilt werden, schreibt das Gericht.
«Ärzte machten sich strafbar»
Der Anwalt von Carlos sagt der NZZ, die Ärzte hätten sich klar strafbar gemacht. Bei seinem Klienten werde mit aller Härte durchgegriffen, aber das Fehlverhalten von Behörden und Ärzten werde nicht geahndet.
Die kriminelle Karriere von Carlos begann bereits im Alter von 15 Jahren. Damals stach er einem Kontrahenten bei einem Streit ein Messer in den Rücken. Er wurde für alle üblichen Institutionen untragbar und bekam ein Sondersetting. Das SRF berichtete in einer Dokumentation 2013 darüber, worauf der Jugendliche nationale Bekanntheit erlangte. Aufsehen erregten vor allem die Kosten von 29'000 Franken monatlich.
«Objektiv diskriminierend»
Nach der Berichterstattung wurde Carlos trotz abgesessener Strafe ins Gefängnis Limmattal und ins Massnahmenzentrum Uitikon versetzt, wo er randalierte. Nach seiner Freilassung war es nicht lange ruhig um ihn: Im Oktober 2014 wurde er erneut verhaftet und in Untersuchungshaft gebracht, weil er in Zürich einen Mann bedroht haben soll. Im April 2015 wurde er erneut aus der Haft entlassen und später freigesprochen.
Am 29. März 2016 schlug Carlos einen Bekannten, der einen Kieferbruch und Quetschwunden erlitt. Daraufhin wurde er in Pfäffikon ZH in Untersuchungshaft gesteckt. Die Haftbedingungen dort wurden kürzlich in einem Untersuchungsbericht als «objektiv diskriminierend und erniedrigend» benannt. Im März dieses Jahres wurde Carlos wegen der Attacke zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten verurteilt.