Stillende Mutter prangert HSG-Veranstaltung an

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Symposium St. GallenStillende Mutter prangert HSG-Veranstaltung an

Jungunternehmerin Mareike Geiling wirft dem Symposium St. Gallen vor, wegen ihres Kindes ausgeladen worden zu sein. Die Organisatoren kontern.

D. Pomper
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D. Pomper
Mareike Geiling wurde als eine von 200 «Leaders of Tomorrow» ans St. Gallen Symposium eingeladen. Die Freude währte aber nicht lange: «Ich wurde wieder ausgeladen, weil ich mein Kind nicht wegorganisieren kann und will», schreibt sie in einem offenen Brief an die Organisatoren des Events, das International Students Committee ISC. Screenshot Einsplus
In einer Email liess sie die Organisatoren wissen, dass sie die Entscheidung rückständig und irritierend fände. «Ich erlebe es zum ersten Mal, dass eine Teilnahme mit Kind an einer Konferenz nicht möglich ist.»
Dominic Baumann, Geschäftsführer ad interim des Symposiums St. Gallen, bestätigt, dass Frau Geiling schriftlich mitgeteilt worden sei, dass eine Teilnahme mit einem Kind nicht möglich sei. «Das war falsch. Wir haben uns für diesen Fehler entschuldigt», sagt Baumann. Dennoch habe Geiling auf einen Auftritt verzichtet: «Die jungen Teilnehmer verpflichten sich dazu, das Symposium vier Tage am Stück zu besuchen. Da die Programmteile aufeinander aufbauen, macht eine partielle Teilnahme keinen Sinn.» Dazu sei Geiling aber nicht bereit gewesen.
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Mareike Geiling wurde als eine von 200 «Leaders of Tomorrow» ans St. Gallen Symposium eingeladen. Die Freude währte aber nicht lange: «Ich wurde wieder ausgeladen, weil ich mein Kind nicht wegorganisieren kann und will», schreibt sie in einem offenen Brief an die Organisatoren des Events, das International Students Committee ISC. Screenshot Einsplus

Mareike Geiling freute sich, als sie vor einigen Wochen als eine von 200 «Leaders of Tomorrow» ans Symposium St. Gallen eingeladen wurde. Dieses fand letzte Woche an der HSG statt. Allerdings ohne die Sozialunternehmerin und Campaignerin Geiling. «Ich wurde wieder ausgeladen, weil ich mein Kind nicht wegorganisieren kann und will», schreibt sie auf der Plattform Edition F in einem offenen Brief an die Organisatoren des Events, das International Students Committee (ISC).

«Rückständige Entscheidung»

Auf die Einladung habe sie geantwortet, nicht die vollen drei Tage am Symposium teilnehmen zu können, «da ich derzeit mein Kind stille und das nicht drei Tage pausieren kann». Als Kompromiss schlug sie vor, nur eineinhalb Tage und dafür mit ihrem Kind zum Symposium zu kommen. Das sei aber abgelehnt worden mit der Begründung, dass «eine Teilnahme mit Kind aus Erfahrung nicht möglich» sei. Später sei dies in Teilen zurückgenommen worden. Eine verkürzte Teilnahme am Symposium sei grundsätzlich nicht möglich, habe es dann geheissen.

Geiling fühlte sich vor den Kopf gestossen. In einem E-Mail liess sie die Organisatoren wissen, dass sie die Entscheidung rückständig und irritierend finde. «Ich erlebe es zum ersten Mal, dass eine Teilnahme mit Kind an einer Konferenz nicht möglich ist.» Dieser Entscheid führe dazu, dass die ausgewählten «Leaders of Tomorrow» nicht nur jetzt, sondern vielleicht auch in Zukunft vornehmlich männlich seien, schreibt Geiling. Sie empfiehlt den Organisatoren, das nächste Symposium flexibler zu gestalten. Das könne sich auch positiv auf die Organisation auswirken. Im Team sind derzeit 8 von 35 Personen Frauen, bei den Speakern 14 von 68. Eine Quote von 20 Prozent sei ausbaufähig.

«Partielle Teilnahme macht keinen Sinn»

Dominic Baumann, Geschäftsführer ad interim des Symposiums St. Gallen, bestätigt, dass Frau Geiling schriftlich mitgeteilt worden sei, dass eine Teilnahme mit einem Kind nicht möglich sei. «Das war falsch. Wir haben uns für diesen Fehler entschuldigt», sagt Baumann. Dennoch habe Geiling auf einen Auftritt verzichtet: «Die jungen Teilnehmer verpflichten sich dazu, das Symposium vier Tage am Stück zu besuchen. Da die Programmteile aufeinander aufbauen, macht eine partielle Teilnahme keinen Sinn.» Dazu sei Geiling aber nicht bereit gewesen. «Wir haben Frau Geiling nie ausgeladen», sagt Baumann.

Die öffentliche Anprangerung sei für die Organisatoren frustrierend, sagt Baumann. «Wir legen grossen Wert auf religiöse und kulturelle Ausgewogenheit und sind auch bemüht, dass es genügend Frauen in den Panels hat.» Letzteres sei zwar schwierig, aber man arbeite daran. Immerhin seien knapp die Hälfte der 200 «Leaders of Tomorrow» Frauen gewesen. Für das nächste Symposium überlege man sich, eine Kinderbetreuung anzubieten.

Die Studenten, die während eines Jahres ehrenamtlich das Symposium St. Gallen organisieren, sollen laut Baumann auch in Zukunft nicht besser überwacht werden. «Sie sollen sich selber ausprobieren und auch mal einen Fehler machen dürfen. Die jungen Leute können sich nur entfalten, wenn sie auch Verantwortung übernehmen können.»

«Gesprächsrunde nur mit älteren Männern»

Schon bei der Eröffnung des Symposiums waren die Organisatoren unter Beschuss geraten. Neben Bildungsminister Johann Schneider-Ammann und dem dänischen Aussenminister Anders Samuelsen war noch der Bildungsminister von Singapur, Ong Ye Kung, auf dem Podium. In der anschliessenden Diskussionsrunde habe sich im Publikum eine junge Frau aus dem Nahen Osten zu Wort gemeldet, berichtete das «St Galler Tagblatt». Sie frage sich, wie es im 21. Jahrhundert möglich sei, zur Eröffnung des Symposiums eine Gesprächsrunde mit nur älteren Männern zu organisieren.

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