Streit zwischen Zivis und Armee-Freunden eskaliert

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GesetzesverschärfungStreit zwischen Zivis und Armee-Freunden eskaliert

Der Bundesrat will mit neuen Auflagen verhindern, dass Armeeangehörige in den Zivildienst wechseln. Nun drohen Zivis mit dem Referendum.

von
daw

40 Prozent der neu zugelassenen Zivildienstleistenden absolvierten die RS. Sie zogen es dann aber vor, in Spitälern, in der Schule oder auf der Alp zu helfen. Weil die Armee aber mehr Soldaten braucht, will der Bundesrat ein solches «Abschleichen» in den Zivildienst mit einer Gesetzesverschärfung erschweren.

Unter anderem sollen künftig mindestens 150 Zivildiensttage geleistet werden müssen – unabhängig von den noch verbleibenden Diensttagen im Militär. Geplant ist auch eine Wartefrist von 12 Monaten. Während dieser Frist müssen Gesuchsteller weiter Dienst leisten.

Zivis drohen mit dem Referendum

Der Schweizerische Zivildienstverband Civiva macht nun gegen die Verschärfungen mobil – und schiesst scharf gegen den Bundesrat: «Den Zivildienst weniger attraktiv zu machen, wird die Attraktivität der Armee nicht erhöhen – das ist eine zum Scheitern verurteilte Strategie», heisst es in einer Mitteilung. Zugleich drohen die Zivis mit dem Referendum.

Schon heute würden Zivildienstleistende wegen der 1,5-mal längeren Dienstpflicht gegenüber dem Militärdienst diskriminiert. Die Vorschläge des Bundesrates stellten das Recht auf zivilen Ersatzdienst infrage, sagt Grünen-Nationalrätin und Civiva-Co-Präsidentin Lisa Mazzone. De facto konzentriere sich der Bundesrat ganz auf die Perspektive der Armee, ohne den Beitrag zu berücksichtigen, den die Zivildienstleistenden an die Gesellschaft leisteten.

«Wir haben einen direkten Einfluss auf die Gesellschaft», sagt der «Abschleicher» und ehemalige Milizoffizier Andreas Mörker. Der Tagesablauf eines Zivildienstleistenden sei mindestens so erschöpfend wie der eines Soldaten: «Das Tragen eines Marschgepäcks und die Arbeit im Wald unterscheiden sich voneinander, sind jedoch genau gleich anstrengend.»

Gruppe Giardino fordert Wiedereinführung der Gewissensprüfung

Die Drohungen der Zivis findet Willi Vollenweider von der Milizorganisation Gruppe Giardino absurd: «Der Bundesrat muss etwas tun, weil der Schweiz die Soldaten ausgehen. Die Milizarmee ist Teil der Schweiz, weshalb Gegenmassnahmen zwingend sind.» Für Vollenweider geht die Verschärfung gar zu wenig weit: «Es stimmt, dass die RS heute zu wenig attraktiv ist. Aber es darf nicht sein, dass der Militärdienst wie heute quasi freiwillig ist.»

Eine Kuschel-RS, bei denen Märsche freiwillig seien, gehe genau in die falsche Richtung. «Junge Männer wollen doch nicht als Weicheier dastehen.» Die Armee müsse besser erklären, weshalb ein Militärdienst notwendig sei. Zudem fordere man die Wiedereinführung der Gewissensprüfung für den Zivildienst.

Beliebter Zivildienst

Der Zivildienst hat mit der Abschaffung der Gewissensprüfung im Jahr 2009 an Attraktivität gewonnen. Bis dahin musste ein Gesuchsteller vor einer Kommission begründen, wieso er den Militärdienst nicht mit dem Gewissen vereinbaren kann und wieso darum Zivildienst leisten möchte.

Waren es im Jahr 2008 genau 1632 Zulassungen, schnellten sie 2009 auf 6720. Eine erste Verschärfung der Zulassungsbedingungen drückte zwar kurzzeitig auf das Interesse. 2011 waren es 4670. In den vergangenen Jahren stiegen die Zulassungen aber wieder kontinuierlich leicht an. Im Jahr 2017 waren es 6785.

(daw/sda)

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