10 Millionen FrankenVerpuffen beim Milch-Marketing Steuergelder?
Jährlich investiert der Bund Millionen von Steuerfranken in die Milchwerbung. Der Konsum sinkt trotzdem.
Werbespots im TV und im Kino oder Auftritte an Openairs und Sportanlässen: Mit dem Label Swissmilk macht der Verband Schweizer Milchproduzenten der Bevölkerung den Konsum von Milch schmackhaft. Da besonders Städter den Milchkonsum hinterfragen, verstärkt Swissmilk nun sein Marketing in den urbanen Gebieten, wie der «Schweizer Bauer» schreibt.
Die bisherigen Bemühungen waren allerdings nicht von Erfolg gekrönt: Zwar erhielt Swissmilk im Rahmen von Massnahmen zur Absatzförderung und Kampagnen für Trinkmilch jährlich bis zu zehn Millionen Franken vom Bund. Trotz der Marketing-Offensive mit den Millionen aus dem Steuertopf sank der Trinkmilchkonsum pro Kopf in der Schweiz in den letzten fünfzehn Jahren kontinuierlich: Von 84,4 Liter im Jahr 2001 auf 53,3 Liter im Jahr 2016.
Trotz Werbung keine Änderung des Konsumverhaltens
Auch der Bundesrat hielt in einem Bericht fest: Trotz der 200 Millionen Franken, die in zehn Jahren in die Absatzförderung von Milchprodukten investiert worden sind, sei eine nachhaltige Wirkung in Bezug auf das Konsumverhalten nicht festzustellen.
Ein Teil der Gelder fürs Milchmarketing kommt neben dem Bund von den Landwirten selbst. Auch wenn ein Milchbauer nicht Mitglied von Swissmilk ist, muss er einen Beitrag von 0,5 Rappen pro Liter Milch für das Marketing abliefern.
Die Verwendung der Gelder sorgt denn auch für Kritik. «Mit Steuergeldern Milch zu vermarkten, die offenbar von den Konsumenten immer weniger nachgefragt wird, ist Verschwendung», sagt Patrick Dümmler, Agrar-Experte bei Avenir Suisse.
Es sei offensichtlich, dass sich die Konsumgewohnheiten verändert hätten. Für Dümmler dienen die Gelder, die im Rahmen der Absatzförderung vom Steuerzahler aufgewendet werden, dazu, die bestehenden Strukturen im Milchmarkt zu zementieren. «So wird der nötige Strukturwandel hinausgezögert.»
«Werbekampagnen nicht Sache des Staates»
Stossend ist laut Dümmler weiter, dass die Milchlobby auch die Bauern selbst zur Kasse bittet. So fliesse weiter Geld ab, das die Bauern besser in eigene, innovative Ansätze investieren würden. «Vereinzelt versuchen Bauern und ihre Milch-Genossenschaften, aus dem bestehenden Korsett auszubrechen», sagt Dümmler. Einige lancierten erfolgreich neue Käsesorten, Labels oder verkauften ihre Spezialitäten direkt an Konsumenten.
Auch SP-Nationalrat Beat Jans sagt: «Tanzende Kühe sind lustig, bewegen aber niemanden zum Milchtrinken.» Die Fördermittel sollten viel eher dazu genutzt werden, um das Projekt «Schule auf dem Bauernhof» auszubauen. Dieses will allen Kindern mehrmals in ihrem Schulleben die Gelegenheit geben, einen Bauernhof zu besuchen. «Werbekampagnen sind nicht Sache des Staates», findet Jans. «Würde man das Geld direkt den Bauern geben, hätten sie mehr davon.»
Schweiz als Grasland auf Ressourcen angewiesen
Reto Burkhardt, Sprecher von Swissmilk, verteidigt die Investitionen ins Milchmarketing. Trotz des sinkenden Trinkmilchkonsums würden die Gelder effizient eingesetzt: «Ohne unsere Bemühungen und Kampagnen wäre der Rückgang beim Milchkonsum noch viel stärker ausgefallen.» Zwar führe Swissmilk eine Erfolgskontrolle über die Marketingmassnahmen durch. Die Wirkung von Marketing zu messen, sei aber generell schwierig. Daher würde auch der Bund und externe Berater das Controlling überprüfen.
Burkhardt sieht den Grund für die kontinuierliche Abnahme des Trinkmilchkonsums bei der veränderten Esskultur. «Der klassische Zmorge mit der Familie ist weniger wichtig geworden, man isst nicht mehr am Tisch, sondern vermehrt unterwegs.» Burkhardt betont, dass die Schweiz als Grasland darauf angewiesen sei, diese Ressourcen auch zu nutzen – und dafür sei die Milchwirtschaft am besten geeignet. Da die Schweizer Milch somit zur Ernährungssicherheit beitrage und ein wichtiger Bestandteil einer ausgewogenen Ernährung sei, sei es wichtig, dass der Bund sich für die Absatzförderung starkmache.