Warum fällt SRF-TV bei den Jungen durch?

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Radio und TVWarum fällt SRF-TV bei den Jungen durch?

18- bis 34-Jährige konsumieren deutlich seltener SRG-Angebote als ältere Semester. Die SRG kämpft mit neuen Formaten um ihre Gunst.

D. Pomper
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D. Pomper
43 Prozent aller Befragten geben an, mindestens täglich Angebote der SRG zu konsumieren. Das Konsumverhalten unterscheidet sich allerdings je nach Altersklasse signifikant. Die über 65-Jährigen konsumieren am häufigsten täglich die Radio- und TV-Angebote von SRG (66%), 18- bis 34-Jährige am seltensten (27%).
67 Prozent der Befragten finden, dass SRF die Fussball-Champions-League oder sportliche Grossanlässe wie die Olympische Spiele übertragen sollte. Bei den 18- bis 34-Jährigen teilen sogar drei Viertel diese Meinung.
66 Prozent der Befragten in der Deutschschweiz würden die Unterhaltungssendung «Glanz&Gloria» ersatzlos streichen. Insbesondere Männer (72%) und 18- bis 34-Jährige (69%) könnten gut darauf verzichten.
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43 Prozent aller Befragten geben an, mindestens täglich Angebote der SRG zu konsumieren. Das Konsumverhalten unterscheidet sich allerdings je nach Altersklasse signifikant. Die über 65-Jährigen konsumieren am häufigsten täglich die Radio- und TV-Angebote von SRG (66%), 18- bis 34-Jährige am seltensten (27%).

Keystone/Christof Schuerpf

Morgens die Nachrichten auf Radio SRF 1 hören und abends «Glanz & Gloria» schauen: 43 Prozent aller Befragten geben an, mindestens täglich Angebote der SRG zu konsumieren. Das zeigt eine gewichtete Umfrage von 20 Minuten (siehe Box).

Das Konsumverhalten unterscheidet sich allerdings je nach Altersklasse stark. Die über 65-Jährigen konsumieren am häufigsten täglich die Radio- und TV-Angebote von SRG (66%), 18- bis 34-Jährige am seltensten (27%). In dieser Altersgruppe schaut jeder Dritte mehrmals pro Woche ins Programm, jeder Fünfte weniger als einmal pro Woche und 12 Prozent weniger als einmal pro Monat. 8 Prozent geben an, nie SRG-Angebote zu konsumieren.

Lieber Netflix als SRF

Warum nutzen junge Menschen das SRG-Angebot weniger? An mangelnder Zufriedenheit kann es nicht liegen, denn die Umfrage zeigt auch: 18- bis 34-Jährige sind ebenso zufrieden mit dem SRF-Programm wie ältere Semester. Von allen Befragten ist eine relative Mehrheit von 43 Prozent mit dem Angebot zufrieden.

So sagt denn auch Andreas Fahr, Professor für empirische Kommunikationsforschung am Departement für Kommunikationswissenschaft und Medienforschung an der Universität Freiburg: «Die Reichweitenunterschiede haben nichts mit unterschiedlicher Qualitätseinschätzung zu tun. Junge finden das SRG-Angebot nicht schlechter als ältere Menschen.» Stattdessen hätten ältere Leute oft mehr Zeit zur Verfügung, da sie nicht mehr oder dann weniger arbeiteten. Und: «Wir beobachten, dass Menschen derjenigen Mediennutzung treu bleiben, mit der sie aufgewachsen sind.» Das sei bei den über 50-Jährigen nun mal der klassische Fernsehkonsum. Junge dagegen wüchsen mit verschiedenen Multimedia-Angeboten auf, nutzten Apps oder schauten Serien auf Netflix.

«Information wird erst mit dem Alter wichtig»

«Es gab immer schon einen negativen Zusammenhang zwischen Alter und traditioneller Mediennutzung», sagt SRG-Sprecher Daniel Steiner. Je jünger eine Gruppe von Menschen sei, desto seltener würden im Schnitt TV und Radio eingeschaltet. Ausserdem stehe bei einem erheblichen Anteil der jungen Altersgruppe die Unterhaltung im Vordergrund: «Private TV- und Radiosender mit den Schwerpunkten «Unterhaltung» und «People» werden bevorzugt genutzt», sagt Steiner. Das Mediennutzungsmotiv «Information» gewinne erst mit zunehmendem Alter an Bedeutung.

Soll die SRG also einfach darauf vertrauen, dass die junge Zielgruppe mit dem Alter ihren Medienkonsum zugunsten der SRG verändern wird? Das sei nicht zu empfehlen, sagt Medienwissenschafter Fahr. «Die Frau kehrt schliesslich auch selten zu dem Mann zurück, den sie einmal verlassen hat.» Zwar werde die Mediennutzung mit der Eheschliessung und Familiengründung traditioneller, wovon die SRG sicher profitiere.

«Mutige, freche Formate»

Fahr empfiehlt neue, innovative Angebote: «Es würde sich für die SRG auszahlen, wenn sie mehr auf mutige, freche, lebhafte Formate setzen würde.» Als Beispiel nennt der Professor die Sendung «Neo Magazin Royale» mit Jan Böhmermann auf dem Sender ZDFneo. «Dieses Programm ist zwar dem politischen Establishment sauer aufgestossen. Bei der jungen Zielgruppe aber ist es sehr gut angekommen.» Die SRG müsse einen Weg finden, das Interesse der jüngeren Generation zu wecken, ohne aber ihre Glaubwürdigkeit zu verspielen oder anbiedernd zu wirken. Ausserdem reiche es nicht, einfach auf Facebook oder Snapchat präsent zu sein. «Die Inhalte müssen entsprechend angepasst werden.»

15 neue Jugendformate

Die SRG ist sich durchaus bewusst, dass sie sich um die junge Zielgruppe bemühen muss. «Die SRG verfolgt das Ziel, die Gruppe der Jungen mit spezifischen und vielfältigen Angeboten zu bedienen», sagt Sprecher Steiner. Im März 2016 hat SRF deshalb den Bereich«Junge Zielgruppe» ins Leben gerufen. Seit November 2016 wurden 15 neue Formate entwickelt, die sich explizit an unter 35-Jährige richten. Die Reihe «True Talk» hat sich zur erfolgreichsten Webserie von SRF entwickelt. Die ersten drei Staffeln verzeichneten auf Facebook über 6,6 Millionen Videostarts. Auch die Sendung «S.O.S – Sick of Silence»ist laut Steiner beim jungen Deutschschweizer Publikum beliebt. Die Informationsvideos zu aktuellen Themen unter dem Namen «Nuovo» seien ebenfalls erfolgreich. Im Schnitt schauen pro Monat 2,3 Millionen Personen die Videos, die speziell für Facebook, Twitter und Instagram konzipiert sind. Auch Radio SRF Virus befasse sich mit Themen, die für den Alltag junger Menschen zentral seien.

Die tiefsten Altersdurchschnitte erzielen auf den klassischen Kanälen Spielfilme und Serien auf SRF 2. Einige Dok-Formate, etwa «Auf und Davon», sowie Eigenproduktionen aus dem Bereich Fiktion («Der Bestatter» auf SRF 1) werden laut Steiner von vielen jüngeren Menschen geschaut. Auch das Finale des Eurovision Song Contest auf SRF 1 sowie Live-Fussballübertragungen auf SRF (WM-Quali und Champions League) zögen ein junges Publikum an.

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