ToilettenVäter fordern Wickeltische in Männer-WCs
In manchen Restaurants oder Warenhäusern befinden sich Wickeltische nur in Frauen-WCs. Väter beschweren sich.
Das Töchterchen hat unterwegs die Windeln voll – und Mama ist nicht da: In solchen Situationen kommt A.S.* ins Schwitzen. «In den meisten Restaurants und Warenhäusern müsste ich in die Damentoilette gehen, um mein Kind zu wickeln, denn in den Herrentoiletten gibt es keine Wickeltische», berichtet S.
Doch in Frauen-WCs Windeln zu wechseln, käme für ihn nicht infrage. «Ich will Frauen gegenüber schliesslich nicht aufdringlich wirken oder sie in eine unangenehme Situation bringen – erst recht nicht nach der MeToo-Debatte.» Lieber improvisiere er dann auf der Männertoilette. «Ständig ist die Rede von Gleichberechtigung. Es kann nicht sein, dass diese am Wickeltisch endet.»
«Eindringen in eine fremde Zone»
Auch Nicolas Zogg vom Dachverband Männer.ch fordert: «Wickeltische für Männer zu schaffen, sollte selbstverständlich sein – notfalls mittels Gesetz.» Ein solches wird in New York eingeführt. Alle Herrentoiletten in öffentlichen Gebäuden müssen dort mit Wickeltischen ausgestattet werden.
Für Väter sei es schwierig, in der Öffentlichkeit einen Wickelplatz zu finden, sagt Zogg. Oft bleibe ihnen nur noch übrig, einen öffentlichen Raum in Beschlag zu nehmen oder das Kind umständlich neben dem Lavabo im Männerklo zu wickeln: «Väter empfinden das Wickeln in Damentoiletten als Eindringen in eine fremde Zone.» Trotz Kind fühlten sie sich nicht berechtigt, diese klar für Frauen markierten Klos zu betreten.
«Wickelarbeit bleibt an mir hängen»
Auch Frauen fordern Wickelorte für Männer. «Ein solches Gesetz sollte es auch in der Schweiz geben», sagt Isabelle Kade, Bloggerin und zweifache Mutter. Ihr Mann traue sich nicht, ihr Baby unterwegs zu wickeln, weil er dann in die Damentoilette gehen müsste, so Kade. «Deshalb bleibt die Wickelarbeit dann halt doch an mir hängen.»
Kathrin Bertschy, Co-Präsidentin der Frauenorganisation Alliance F, sagt: «Ein Wickeltisch gehört nicht primär in die Damentoilette, denn heute betreuen Männer Kinder genauso wie Frauen.»
Manor, McDonald's, Migros und Coop
Eine kleine Umfrage von 20 Minuten zeigt, wo junge Väter sorgenfrei ihre Babys wickeln können – und wo nicht:
Bei Manor sind in manchen Standorten Wickeltische nur in den Damentoiletten vorhanden. In einigen Filialen befinden sich die Plätze in einem Zwischengang ausserhalb der Toiletten oder in den rollstuhlgängigen. Sobald grössere Renovationen anstünden, würden sie prüfen, inwieweit sie dem Wickelbedürfnis für alle am einfachsten nachkommen könnten, sagt Sprecher Alexandre Barras.
Auch gewisse Mc-Donald's-Filialen bieten aus Platzgründen nur in den Damentoiletten Wickeltische an, wie es bei beim Fast-Food-Riesen heisst.
Die Coop- und Migros-Restaurants bieten auch Wickeltische im Herren-WC, in den IV-Toiletten oder in neutralen Wickelzonen an. «In der heutigen Zeit ist es selbstverständlich, dass Väter ihren Nachwuchs wickeln», heisst es bei Coop.
Auch im Zoo Zürich müssen sich Väter nicht in die Damentoilette zwingen. «Die Wickeltische gehören zu unserem Service. Vor allem am Freitag besuchen viele Väter mit ihren Kindern allein den Zoo», sagt Kurator Robert Zingg.
Dem Branchenverband GastroSuisse liegen keine Zahlen vor zur Verteilung von Wickeltischen konkret in Herrentoiletten in Restaurants. «Ein Vater, der sein Kind wickeln möchte und einen passenden Ort sucht, wendet sich am besten an den Gastgeber, der nach Möglichkeit helfen wird», sagt Brigitte Meier-Schmid, Geschäftsleitungsmitglied. Im direkten Gespräch liessen sich viele Probleme lösen, ohne dass gleich neu reglementiert werden müsse.
*Initialen von der Redaktion geändert.