Widmer-Schlumpf ist zunehmend isoliert

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BundesratswahlWidmer-Schlumpf ist zunehmend isoliert

Immer mehr fordern einen zweiten SVP-Sitz im Bundesrat. Nicht einmal mehr ihre eigenen Leute glauben noch an die Wiederwahl von BDP-Finanzministerin Widmer-Schlumpf.

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Steht sie bald alleine da? Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf. (21. Oktober 2015)

Steht sie bald alleine da? Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf. (21. Oktober 2015)

Nach dem Wahlsieg der SVP schwindet die politische Unterstützung für BDP-Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf zusehends. Wie die «NZZ am Sonntag» berichtet, sagten sogar Vertreter ihrer eigenen Partei hinter vorgehaltener Hand, der Sitz der Finanzministerin sei nach diesem Resultat kaum noch zu halten.

Und die Hoffnung der Bündnerin, der rasche Aufbau einer fassbaren Mitte-Allianz möge ihren Verbleib in der Regierung zusätzlich legitimieren, wurde diese Woche jäh enttäuscht: CVP und Grünliberale lehnen eine Hauruckübung für Widmer-Schlumpf ab. Die Präsidenten der Mitteparteien beschlossen darum laut «NZZ am Sonntag» in einer vertraulichen Sitzung am Mittwoch, dass ihre künftige Zusammenarbeit losgelöst vom Fall der Finanzministerin diskutiert werden soll.

Keine Widmer-Schlumpf-Rettung

«Es geht bei der Zusammenarbeit der Mitte nicht darum, eine Widmer-Schlumpf-Rettung zu inszenieren», sagt BDP-Nationalrat Lorenz Hess in der Zeitung. Im Fokus stehe vielmehr die Zusammenarbeit von CVP, BDP und GLP in den nächsten vier Jahren. Aufgrund dieser Ausgangslage gehen derzeit viele Politiker davon aus, dass Widmer-Schlumpf von sich aus demnächst den Rücktritt bekanntgeben wird.

Und bereits wird überlegt, wie die Mitte längerfristig trotzdem ihre Macht im Bundesrat bewahren könnte. Der Plan: Bildet die Mitte eine starke Allianz, hat sie – mit oder ohne GLP – mehr Sitze und Wähleranteil als die FDP. Die Allianz könnte darum die Freisinnigen angreifen, wenn deren Bundesrat Schneider-Ammann abtritt. Der Anspruch auf einen zweiten Sitz wäre gerechtfertigt, sagt BDP-Mann Hans Grunder.

Wenn die Mitteparteien nicht schnell ein starkes Zeichen zur Zusammenarbeit setzen, tritt sie im Dezember nicht mehr zur Wahl an, sagt eine Person aus dem nahen Umfeld der Bundesrätin dem «SonntagsBlick». Und an einem ent- und geschlossenen Auftreten von CVP, BDP, und GLP mangelte es in den letzten Tagen an allen Ecken und Enden.

Gegenwind aus Graubünden

Ein wichtiger Faktor ist auch das Wahlresultat in Graubünden. Widmer-Schlumpfs Partei, die Bündner BDP, konnte zwar den Sitz im Nationalrat retten, sackte aber auf 14,5 Prozent Wähleranteil ab. Die Bündner SVP hat sieben Jahre nach ihrer Neugründung nun mehr als doppelt so viele Wähler.

Und für Widmer-Schlumpf noch viel schlimmer: Magdalena Martullo-Blocher (46), die Tochter ihres Intimfeindes Christoph Blocher (75), wurde gewählt. Das Bündner Resultat habe die Felsbergerin «durchgeschüttelt», sagt einer, der Widmer-Schlumpf gut kennt. Ihr Kanton, ihre Heimbasis, hat sich von ihr abgewendet und dem Zürcher Blocher-Clan den Vorzug gegeben.

Es gibt aber weitere Gründe, die bei Widmer-Schlumpf die Lust auf vier weitere Jahre dämpfen. Mit der SVP-FDP-Mehrheit im Nationalrat erachtet sie laut Insidern das Politisieren als «ungemütlich». Dazu kommt, dass in den Medien der Sukkurs fehlt. Die bürgerlichen Chefredaktoren – und davon gibt es einige – plädierten nach der Wahl postwendend für zwei SVP-Bundesräte.

Und sogar Zeitungen, die ihr wohlgesinnt sind, haben schon aufgegeben. So publizierte der «Tages-Anzeiger» gestern eine seitenfüllende Bilanz, die sich wie ein Abschiedsbrief liest, und einen Leitartikel, der sich mit der Regierungszusammensetzung in der Nach-Widmer-Schlumpf-Ära befasst.

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