Neue ForderungZigaretten-Päckli sollen 16 Franken kosten
Laut verschiedenen Studien ist der Zigaretten-Preis eines der wirksamsten Mittel im Kampf gegen das Rauchen. Schweizer Mediziner fordern Massnahmen.

Rauchen ist ungesund. Wird es bald doppelt so teuer? Der blaue Dunst gibt wieder zu reden. (Symbolbild)
«Tabaksteuern sind eine Win-Win-Strategie für die Gesundheit», sagte Margaret Chan, die Generaldirektorin der Weltgesundheitsdirektorin WHO, am Dienstag in Manila. Die WHO hat eine grosse Studie vorgestellt. Resultat: Hohe Abgaben von bis zu 75 Prozent des Zigaretten-Verkaufspreises gehörten zu den wirksamten Massnahmen gegen das Rauchen – und sie würden von den meisten Ländern nicht ausreichend genutzt.
Thomas Cerny, Chefarzt am Kantonsspital St. Gallen, möchte, dass sich die Schweiz Australien zum Vorbild nimmt, berichtete der «Tages-Anzeiger». Dort sind die Zigaretten fast doppelt so teuer wie in der Schweiz – ein Päckcken kostet umgerechnet 16 Franken. In Australien wird deutlich weniger geraucht als in der Schweiz. «Nach wie vor ist die Prognose bei Lungenkrebs miserabel», so Cerny – deshalb sei der Preis der wichtigste Faktor, um Jugendliche vom Rauchen abzubringen.
Die «psychologische Grenze»
«Der Vergleich mit Australien hinkt insofern, als dort ein ganz anderer Umgang mit Zigaretten herrscht: Kein Sponsoring, keine Werbung, und die Zigaretten dürfen nicht offen sichtbar angeboten werden», sagt Thomas Beutler von der Arbeitsgemeinschaft Tabakprävention Schweiz zu 20 Minuten. Auch diese Massnahmen hätten viel gebracht. Andererseits habe die WHO recht, so Beutler: «Als Einzelmassnahme ist eine Preiserhöhung als einzige wirklich wirksam.» Auch eine Studie der WTO und der Weltbank habe gezeigt, «dass man mit einer 10-prozentigen Preiserhöhung in westlichen Ländern eine Senkung der Raucherrate von vier Prozentpunkten erreicht – in Schwellenländern gar bis zu acht Prozentpunkte», so Beutler.
Weil die Schweizer mit ihrem höheren Lohnniveau nicht so lange für ein Päckchen Zigaretten arbeiten müssen, seien die Auswirkungen nicht gleich gross. «Doch Kinder und Jugendliche reagieren empfindlicher auf hohe Preise.» Und: «Eine Preiserhöhung muss signifikant sein, sonst bringt sie nicht viel. 16 Franken ist vielleicht etwas übertrieben – aber 10 Franken wäre eine gute psychologische Grenze», sagt Beutler. Das habe man schon gemerkt, als die Päckli fünf Franken teuer wurden: «Damals haben viele deswegen aufgehört.»
Gesundheitliche Folgen sind klar
Die häufigste Krebsart in der Schweiz ist der Lungenkrebs – neun von zehn Erkrankten sind Raucher. 3200 Schweizerinnen und Schweizer starben 2013 an dieser Krebsform. «Wenn man die Auswirkungen des Rauchens sieht – insbesondere die hohe Wahrscheinlichkeit von Krebs- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen – dann ist eine Preiserhöhung gesundheitspolitisch richtig», sagt SP-Nationalrätin Bea Heim. «Dabei geht es nicht darum, jemandem das Vergnügen nicht zu gönnen. Aber man weiss, wer früh zu rauchen beginnt, wird nicht selten zum Kettenraucher mit den entsprechenden Risiken. Und man weiss auch, dass das Rauchen von Müttern negative Auswirkungen auf das ungeborene Kind haben kann.» Darum begrüsse sie die Erhöhung der Tabakpreise zum Schutz der Kinder und der Gesundheit allgemein.
Doch längst nicht alle Politiker unterstützen Preiserhöhungen. Der Bundesrat möchte das Tabaksteuergesetz ändern – so, dass Preise bis 11 Franken pro Päckchen möglich wären. Bürgerliche wehren sich dagegen. SVP-Nationalrat Gregor Rutz sagte im «Blick» schon im Jahr 2013 zu einer Zigaretten-Preiserhöhung: «Diese prohibitorische Massnahme ist idiotisch. Der Staat hat nicht das Verhalten der Leute zu lenken.»
Dahin geht das Geld für die Zigaretten
Rauchen ist nicht gut für die Gesundheit. Doch für Staat und Industrie ist es kein schlechtes Geschäft. Im Gegenteil: Der Verkaufspreis eines Päckchens für 8,40 Franken setzt sich laut BAG wie folgt zusammen:
4,466 Franken Tabaksteuer (53,2 Prozent)
0,622 Franken MWSt. (7,41 Prozent)
0,026 Franken Fonds für die Mitfinanzierung des Inlandtabaks (0,3 Prozent)
0,026 Franken Tabakpräventionsfonds (0,3 Prozent)
3,259 Franken Hersteller und Händler (38,8 Prozent)
Die Tabaksteuer geht vollumfänglich an die AHV/IV – so steuern die Raucher jährlich etwa 6 Prozent aller AHV-Einnahmen bei.
Die Tatsache, dass man mit dem Kauf eines Päckchens Zigaretten einerseits den Anbau von Schweizer Tabak mit 2,6 Rappen und andererseits die Raucherprävention mit 2,6 Rappen finanziert, kommentiert Gesundheitspolitikern Bea Heim wie folgt: «Das ist nun wirklich inkohärent.» Thomas Beutler, wissenschaftlicher Leiter der Arbeitsgemeinschaft Tabakprävention spricht von einem «gutschweizerischen Kompromiss.»