Provokation«Beim ‹Schellen-Ursli› wird der Wolf verniedlicht»
Im neuen «Schellen-Ursli»-Film wird der Wolf zum besten Freund der Hauptfigur. Wolfsgegner fühlen sich provoziert, Eltern geraten in Erklärungsnot.
«Ich musste meinen Kindern nach dem Film erklären, dass der Wolf kein Kuscheltier ist», so eine Leser-Reporterin zu 20 Minuten. Im Erfolgsstreifen «Schellen-Ursli» werde der Wolf ihrer Meinung nach viel zu harmlos dargestellt. «Die Tochter fragte mich sogar, ob sie nicht auch einen Wolf haben könnte.» Da werde ein völlig falsches Bild von einem wilden Tier vermittelt, so die besorgte Rheintaler Mutter. Im Film wird der Wolf von Schellen-Ursli gefüttert und sogar umarmt.
Auch BDP-Grossrat und Wolfsgegner Benno Niggli aus Grüsch GR regt sich über «die verharmlosende Darstellung» der Beziehung zwischen Wolf und Mensch im Film auf. «Der Wolf wurde für den Film gefüttert und gezähmt. Da habe ich Mühe damit», so Niggli. Die Gefahr, die von einem Wolf ausgehen könne, werde total verniedlicht. «Ich fühle mich als Landwirt von einer solchen Darstellung provoziert.» Er sei auch von einer Mutter im Dorf angesprochen worden, die ihm erzählte, dass sie ihren Kindern nach dem Film einbläuen musste, ja keine Wölfe zu umarmen.
Respekt angezeigt
Landwirtin Erika Kühne aus dem Taminatal findet es ebenfalls vermessen, wenn der Wolf als Kuscheltier dargestellt wird. Sie beobachte manchmal Wölfe von ihrem Küchenfenster aus. «Vor zwei Jahren sah ich rund zehn Wölfe.» Gerade im Winter würden die Grossraubtiere teilweise um den Hof herumstreifen. «Man muss vor dem Wolf Respekt haben und Abstand halten. Wenn der Schellen-Ursli den Wolf umarmt, dann ist das weit weg von der Realität», so die 54-Jährige.
Für «Schellen-Ursli»-Produzent Ditti Bürgin-Brook ist alles halb so wild. «Zu Beginn des Filmes wird der Wolf als Wildtier dargestellt, der sein Revier markiert.» Im Film werde also durchaus gezeigt, dass man sich nicht mir nichts, dir nichts einem Wolf nähern könne.
Wolfsrudel kurzzeitig im Bündnerland angesiedelt
Der Umgang mit dem Wildtier sei auch eine Herausforderung für die Produktion gewesen. Für den Film ist eine Tiertrainerin aus Deutschland mit einem ganzen Wolfsrudel angereist. Zu Beginn sei es schwierig gewesen, weil die Wölfe ob der 80-köpfigen Crew wenig zugänglich waren. Da habe man sich dafür entschieden, mit einem kleinen Team zu drehen. Dafür wurde extra der bekannte St. Galler Tierfilmer Jost Schneider engagiert. In einem Team von sechs Leuten wurden während 14 Tagen die Szenen mit dem Wolf gedreht. Die Wölfe lebten in dieser Zeit frei im Bündnerland.
Ein Glücksfall für die Produktion sei Jungschauspieler Jonas Hartmann gewesen, so der Produzent. «Jonas hat eine unglaubliche Tieraffinität.» So sei es möglich gewesen, dass sich Jonas in zwei Wochen mit dem Wolf so weit angefreundet hat, dass die Umarmungsszene möglich wurde. Übrigens: Der Wolf im Film ist ein Enkel des Wolfes aus dem Klassiker «Der mit dem Wolf tanzt».
Niemals füttern oder anlocken
Dass der Umgang im Film zwischen Wolf und Mensch nicht empfehlenswert ist, heisst es auch auf Anfrage beim St. Galler Amt für Natur, Jagd und Fischerei. Laut Leiter Dominik Thiel ist der richtige Umgang mit dem Wolf derselbe wie mit allen Wildtieren. «Niemals füttern oder anlocken», empfiehlt Thiel. Wichtig sei, dass der Wolf seine Scheu vor dem Menschen behalte und ihm in der Nähe von Siedlungen keine Futterquellen angeboten werden. «Sonst gibt es früher oder später Konflikte», so Thiel.
Trailer zum Film «Schellen-Ursli»: