Kantonsspital St. Gallen«Sie sagten, die Kamera sei aus – das war gelogen»
Eine weitere Patientin erhebt Vorwürfe gegen das Kantonsspital St. Gallen. Sie beschuldigt das Pflegepersonal, sie über die Kameras angelogen zu haben.
Neue Kritik am Kantonsspital St. Gallen. Nachdem am Dienstag bekannt geworden war, dass die Patientin Jessica M.* in der Notaufnahme des Kantonsspitals St. Gallen ohne ihr Wissen mit nacktem Oberkörper gefilmt wurde, erhebt im «St. Galler Tagblatt» eine weitere Patientin Vorwürfe gegen das Spital.
Sie sei in den Ferien mit Keimen angesteckt worden. Nach ihrer Rückkehr sei sie dann von ihrem Hausarzt an das Kantonsspital St. Gallen verwiesen worden, sagt die 66-jährige Maya L. gegenüber dem «Tagblatt». Als sie dann in das entsprechende Behandlungszimmer gebracht wurde, sah sie, dass sich darin eine Überwachungskamera befand. «Ich sagte, dass ich nicht gefilmt werden will.» Darauf habe ihr eine Pflegeperson versichert, dass die Kamera nicht in Betrieb sei. «Kurze Zeit später stand ich auf und wollte das Kopfteil des unbequemen Schragens anders einstellen», so L. Plötzlich sei eine Pflegeperson in das Zimmer gestürmt und: «Sie sagte mir, sie habe gesehen, dass ich aufgestanden sei.» Das Spital habe sie angelogen. Daraufhin habe L. verlangt, dass die Kamera umgehend abgedeckt werde. «Das ist dann auch geschehen.»
Kantonsspital St. Gallen nimmt keine Stellung
Natürlich habe sie Verständnis dafür, wenn das Spital Patienten per Videokamera überwache. Aber: «Nur wenn dies zu medizinischen Zwecken dient oder jemand in Lebensgefahr schwebt», sagt L. Die Überwachung sei ein beträchtlicher Eingriff in die Privatsphäre eines Menschens. «Es reicht nicht, wenn in den Zimmern einfach nur Hinweise zu den Kameras platziert werden.» Der Kantonsspital müsse seine Patienten mündlich darauf aufmerksam machen. «Und wenn versprochen wurde, dass die Kamera nicht läuft, dann muss dem auch so sein.»
Das Kantonsspital St. Gallen könne zu den konkreten Vorwürfen keine Stellungsnahme abgeben, heisst es im «St. Galler Tagblatt». Philipp Lutz, Mediensprecher des Spitals, sagt dazu: «Die Patientin hat sich nicht direkt bei uns gemeldet, die damaligen Beteiligten sind mir nicht bekannt.» Aber er könne nicht ausschliessen, dass dieser Vorfall so stattgefunden hat.
Weiter sagt er gegenüber 20 Minuten:«Fehler passieren, das streite ich nicht ab. Wir bitten aber die Patientinnen und Patienten, uns direkt und während ihres Aufenthaltes mit solchen Vorfällen zu konfrontieren und bei Bedarf an unser Qualitätsmanagement zu gelangen.»
Abschaffen würde man die Überwachungskameras in absehbarer Zeit sicher nicht, so Lutz gegenüber 20 Minuten. Ihm sei es aber wichtig zu betonen, dass diese Kameras weder aufzeichnen noch mit dem Internet verbunden sind. Die Bilder würden lediglich übertragen werden. Und: «Diese Übertragung dient als zusätzliche Möglichkeit, um die Sicherheit der Patienten zu gewährleisten.» Man sei jedoch in Kontakt mit der St. Galler Datenschutzbeauftragten. Lutz: «Wenn es Verbesserungsvorschläge geben sollte, werden wir diese natürlich prüfen.»