Liebe vorgetäsuchtFrau knöpfte Männern 270'000 Franken ab
Erst gaukelte sie den Männern eine Liebesbeziehung vor, dann behauptete sie, sie sei in Not und brauche Geld. Am Donnerstag steht die 65-Jährige vor Gericht.

Die Beschuldigte lernte die Männer via Zeitungsannonce kennen. (Bild: Fotolia)
Am Donnerstag beschäftigt sich das Kantonsgericht St. Gallen mit dem Fall einer 65-Jährigen. Der Frau wird vorgeworfen, zwei älteren Herren (heute 74 und 95) in betrügerischer Absicht eine Liebesbeziehung vorgetäuscht und 270'000 Franken abgenommen zu haben.
Vor dem Kreisgericht Werdenberg-Sarganserland wurde sie deshalb im September 2014 wegen mehrfachen Betrugs zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten, zwei davon unbedingt, verurteilt. Zudem muss sie den Betrogenen ihr Geld zurückzahlen. Damit wollte sich die Frau, die bereits mehrfach vorbestraft ist, nicht abfinden, weshalb sie den Fall weiter zog. Im Berufungsverfahren verlangt sie einen Freispruch. Die Staatsanwaltschaft beantragt eine Freiheitsstrafe von 18 Monaten, sechs davon unbedingt.
«Sie sucht ihn»
Kennengelernt hat die Beschuldigte die beiden Männer 2008 beziehungsweise 2009 durch ein von ihr geschaltetes Zeitungsinserat. In der Anklageschrift heisst es: «Die Beschuldigte hat es von Beginn der Bekanntschaften an subtil darauf angelegt, ein Vertrauensverhältnis zu den Geschädigten aufzubauen und diese im Glauben zu lassen, sie wünsche eine feste Beziehung mit ihnen einzugehen.» So kam es nebst gemeinsamen Restaurantbesuchen und Weinkonsum zu Massagen und Übernachtungen. Dabei gaukelte sie den Männern gleiche Interessen vor und gab Liebesbeteuerungen von sich.
Als dann genügend Vertrauen da war, offenbarte sie eine finanzielle Notlage und appellierte an die Hilfsbereitschaft der Männer. Sie sagte, ihrer Wohnung in Deutschland drohe die Zwangsversteigerung und setzte Druck auf. Laut der Staatsanwaltschaft baute sie ihre Lügengebäude bewusst auf den «Schwächen» der Geschädigten auf. Sie nützte den Umstand, dass beide Herren bereits älter waren und infolge fehlender Partnerin sehr an einer Beziehung interessiert waren, bewusst für sich aus.
270'000 Franken erhalten
Als Gegenleistung für das Geld versprach die Beschuldigte den Männern einen Anteil an der Liegenschaft. Vom 74-Jährigen bekam sie 119'800 Franken in bar, vom 95-Jährigen sogar 150'000 Franken. Nach der Geldübergabe wollte sie davon aber nichts mehr wissen und stritt ab, je Geld bekommen zu haben.
Direkte Beweise für die Geldübergabe gibt es keine. Die Kontoauszüge des 74-Jährigen zeigen aber, dass das Geld abgehoben wurde. Zudem kann er darlegen, dass er in der besagten Zeit aufwändige Vorgänge bei verschiedenen Banken veranlasst hatte, um liquide Mittel zur Verfügung zu haben. Die Beschuldigte begleitete ihn jeweils zu den Bankbesuchen. Sie behauptet allerdings, er habe sich ein Ferienhaus kaufen wolle.
Ein Blick auf die Kontoauszüge des 74-Jährigen zeigen, dass er während der Zeit mit ihr, auch sonst vermehrt Ausgaben hatte. So hat er ihr etwa eine neue Brille oder Schuhe gekauft. Auch Einkäufe bei Beldona sind aufgeführt.
Beiden Herren dämmerte es irgendwann, dass sie offenbar betrogen wurden und so erstatteten sie Anzeige. Der 95-Jährige hat sogar versucht, die angebliche Liegenschaft in Deutschland zu finden. Er fand sie, sie war aber längst verkauft.
Immer neue Widersprüche
Das Kreisgericht Sarganserland-Werdenberg hielt die Aussagen der beiden Herren für glaubwürdig. Die Beschuldigte jedoch habe sich immer wieder in Widersprüche verstrickt. Auffallend ist laut Gericht auch, die zeitliche Nähe der Geldübergabe und dann die hohen Geldeingänge auf ihrem Konto. Vor Gericht behauptete sie, das Geld sei nicht von den Herren gekommen, sondern von ihrem jetzigen Ehemann. Sie hätten acht Jahre lang eine geheime Beziehung gehabt und im Juni 2011 geheiratet. Der Ehemann habe Familienprobleme mit den Töchtern gehabt, deshalb konnte sie das nicht vorher erzählen, das habe sie ihm versprochen.
Für das Gericht war klar: Würde die Geschichte mit dem Ehemann stimmen, hätte die Frau schon viel früher im Verfahren davon erzählt. «Dass die Beschuldigte und ihr Ehemann das Verschweigen der Beziehung wegen familiärer Probleme höher werten, als die Unschuld der Beschuldigten im Strafverfahren zu beweisen, ist geradezu lebensfremd», so das Gericht.